Come on, klopf on, Liebe!

In gespannter Erwartung, wie es, das Nachfolge-Album zum 2007er-Comeback-Streich, auch live tönen würde, kamen sie am 15. Mai ins «Casineum». Es geriet alles zum schönen satten Songstrauss der in, wie es jeweils im musikjournalistisch üblichen Jargon heisst, leicht aufgerauter Art dargebracht wurde. Ach ja, die Band heisst Mothers Pride, das Album, das man kaufen muss, «Love Comes Knocking».

Die obligate Statistik vorab. Bezüglich Song-ID auf der SF-Video-Plattform «Roboclip» bewegen sie sich Kopf an Kopf, die Vorgruppe und der Headliner von gestern Freitag. Bezüglich Platzierung befindet sich die Vorgruppe bei Redaktionsschluss auf Rang 21, die Hauptgruppe auf Rang 27. Bei Radio 3fach halten sich Mothers Pride derzeit in der Voting-Hitparade «Gassehauer» auf Platz 3. Das Cover, das im Vorprogramm zu hören war, stammt aus dem Jahr 1977, im Original interpretiert vom Belgier Plastic Bertrand. «Ça plane pour moi» wurde einst, im Jahr 1993, legendär in der Boa gecovert (von wem?). Aktuell haben übrigens gleich zwei Luzerner Bands (welches ist die andere?) den kultigen New-Wave-Song im Repertoire. «New Wave» wäre ein gutes Stichwort auch für das Treiben von Hej Francis!, vom fernen Stil haben sich bei diesem Quartett in der freitäglichen Vorgruppen-Funktion hörbar Spurenelemente bewahrt, es wird im guten Indie-Groove gitarrenlastig gerockt und vor allem: On chante en français! An dieser Stelle dafür ein «chapeau!».

Jetzt aber: Privilegierte musikkundige Vorabhörende haben schon vor Monaten unabhängig voneinander als würdigenden Befund angesichts von «Love Comes Knocking» unter anderem das Wort «gelassen» (bzw. «Gelassenheit») als eine Art neues Charakteristikum für den aktuellen Stand von Mothers Pride registriert. Das wurde dann, weil auch schriftlich vorliegend, fleissig kolportiert und wahlweise auch mal abgewandelt in «gelassener». Wobei, genau gehört, der Begriff das Gemeinte nicht trifft. Oder besser: Wenn man das Gegenteil von «gelassen», nämlich «leidenschaftlich» vermisst. Und es ist natürlich alles andere als «leidenschaftslos», was die fünf Mütterstolzen mit ihrem sechsten Album in ihrer 20-jährigen Karriere (insgesamt gerechnet, ohne die Pause ab 2001 bis zum gefreuten Comeback im Herbst 2007) musikalisch vorzubringen haben. (Übrigens und apropos Jubiläum: Da erblickt man als schöne kleine Vignette in Yellow-Submarine-Art da und dort das mit «Since 1989» betextete Band-Branding.) Natürlich ist da Leidenschaft, was sag ich: Passion. Aber wir wissen, was gemeint ist. Und es blieb nicht beim ersten Eindruck, sondern es hat sich bestätigt beim Wieder-und-Wieder-Hören. Und eben live erst recht.

Als etwas gewöhnungsbedürftig erwies sich anfangs die Location. Ein guter Grund für die Lokalwahl war von Tobi Gmür zu erfahren: Sie hätten den Plan, immer näher zu ihrem ehemaligen Zuhause konzertant aufzutreten. Letztes Jahr beim Funk am See schafften es Mothers Pride schon zu einem schönen Stück, jetzt wars noch näher, quasi über der Strasse. Dort haben MPs Masterminds Tobi Gmür und Sämi Gallati sich zu Sandkastenzeiten gefunden. Gehalten hat die quasi-brüderliche Symbiose, die sich bekanntlich im gemeinsamen Musikmachen manifestiert. Domi Meyer an den Drums und Kuno Studer am Bass haben die Band schon eine Weile kompetent vervollständigt, während ganz neu nun Dani Wäch mit dem Dossier Keyboards betraut ist (Bisher-Tastenmann Andreas Meili gastierte am Konzert kurz an der Melodica). Wie auf Platte, so auch auf der Bühne: Die schön singend-swingenden Pedal-Steel-Sounds steuerte Claudio Strebel bei.

Bei einem Secret Gig vor Wochenfrist in der Blues Bar haben sie noch etwas gar viel Tempo gemacht («Desire» mit gefühlten 10 bpm beschleunigt) und ungestüm losgelegt. Das hat sich gut gelegt inzwischen. Natürlich «leicht aufgeraut» sind die Songs live gestern gekommen, auch hier dringlich und drängend, wo es sein muss, feine Gitarrenarbeit mit gelegentlich schön ausfahrender Soliererei inbegriffen. Makellos das Vokale. In das aktuelle Material durfte sich sehr wohl der eine oder andere MP-Klassiker einfügen. Oder, so verschwenderisch können sie mit ihren Songs umgehen, ein Titel wie «Go And Get Me Love», den es auf Tonträger gar nicht gibt. Handelt es sich doch um den folkig-lüpfigen 08er-Clip-Song zum Kick-Ass-Award-Video. Mothers Pride sind definitiv old enough, um locker Songperle an Songperle aneinanderzureihen. Ganz gelassen und mit viel Leidenschaft. Für mich sind und bleiben Mothers Pride nach wie vor eine der aktuell drei besten, d. h. die besten Songs schreibenden Luzerner Bands. Die anderen zwei heissen im Fall 7 Dollar Taxi und made in mind. Ob ihrs glaubt oder nicht. Ist aber wirklich wahr. Mothers Pride: Love Comes Knocking (Rocket Racer Records/Goldon/SoundService) When Love Comes Kocking: 07-when-love-comes-knocking Desire:01-desire