Come, armageddon! Come, come, nuclear bomb!

Der Hass auf Sonntage ist nicht das Einzige, was den Autor dieses Textes und Morrissey miteinander verbindet. Da wären noch eine gemeinsame, generale Sympathie für misanthropisches Gedankengut, grenzenlosen Narzissmus, Primoridalität und einiges anderes. Doch mehr davon vielleicht ein andermal. Heute geht's um Sonntage. Und selbstverständlich um das Konzert der Tarantinos (UK) im Luzerner In-Club Schüür. von Pablo Haller Ort: Schüür, Luzern. Zeit: Ab 22 Uhr. Wetter: Sternenhagelklar. Stimmung: Brodelnd. Leute: Viele – Altersmässig zwischen 20 und 40. Mode: Streetwear, irre Verkleidungen. Irgend so'n Perverser trug Leggins. Flirtfaktor: Es hatte gutaussehendes Barpersonal (unten) Zustand des Kritikers: Aufgewühlt. Da er zu Fuss verkehrt, findet er den Weg über die neue alte Langensandbrücke ohne nennenswerte Probleme.

Zuvor begegnet er allerdings am Bahnhof zwei musizierenden Mexikanern, die betrunken Tom-Waits-Lieder zum Besten geben, was ihn so sehr fasziniert, dass er eine allfällige Verspätung in Kauf nimmt. Doch als er um 22.15 Uhr nach einem sehr sportlichen Fussmarsch in der kristallklirrenden Kälte atemlos in der oberen Halle steht, an seinem Blood Mary Shot - der grosszügerweise im Eintrittspreis einbegriffen ist - nuckelt, dabei an ner Camel zieht um nicht zu hyperventilieren, flimmert noch immer eine Werbung für die MySpace-Seite der Band über die auf der Bühne aufgespannte Leinwand und der DJ gibt Oldies zum Besten. Dies verschafft dem Autor Zeit, um zu Reflektieren worüber er heute Nacht schreiben will. The Tarantinos. The Sounds & Moves of Reservoir Dogs, Pulp Fiction, Jackie Brown, From Dusk Till Dawn, Kill Bill, Death Proof. Pimps. Punks. Prosituierte. Politiker. Eine Alliteration. Das Personal aus Quentin Tarantinos Filmen. Die sind Kult, das ist klar. Umso schwieriger für eine Band, sich bloss auf das Covern der Musik, die darin verwendet wird, zu konzentrieren und damit kritische Cineasten, die eingeschworenen Fangemeinde, wie auch Leute, die mit den Filmen überhaupt nichts am Hut haben zu überzeugen. Wird den Tarantinos der Spagat zwischen Originalität und allgemeiner Gefälligkeit gelingen? Irgendwann rufen Elvis und der Junke XL via DJ zu weniger Konversation und mehr Aktion auf. Kurz danach entern Dragon, Knuckles, Magic, Psycho Andy, Mr.TNT, Monkey Man und Lady Sarah die Bühne. Sie sind jung (OK, auch nicht mehr DIE Jüngsten, aber trotzdem...), sie sind hungrig und sie spielen verdammt gut. Vom ersten Song an haben sie ihr Publikum fest im Griff. Mann und Frau tanzt, Mann und Frau trinkt, Mann und Frau schwitzt, Mann und Frau tanzt weiter. Und weiter. Und weiter. Im verrückten Rhytmus zuckender Beats und Körperteilen. Leider muss der Autor diese ekstatische Manifestation non-konformistischer Filmmusik aufgrund der miserablen sonntäglichen Verbindungen der ÖV-Betriebe frühzeitig verlassen. Nach dem obligaten Kater, den geschlossenen Läden und Morrissey ein weiterer Grund Sonntage zu verabscheuen. Oder aber endlich Auto fahren zu lernen, aber dazu muss man nüchtern sein. Wie zum Kritiken verfassen.