Behutsame Klänge und Kassettli-Beats

Schüür, 21.06.2015: Die australische Indie-Pop-Singer-Songwriterin Lisa Mitchell verzuckerte jenen wenigen, die sich an diesem etwas fahlen Sonntagabend in die Schüür begaben, die letzten Wochenendstunden. Neben ihrer sonoren Stimme war noch ein anderes Klangaccessoire zugegen: ein alter Kassettenrekorder.

Die junge Australierin, die sich in ihren Musikvideos sonst eher bunt und auf eine mädchenhafte Art verspielt gibt, präsentierte sich am gestrigen Abend in einem retrohaften Stil. Glitzerndes Flittergold zierte Instrumente wie auch Kleidung und die sich farblich wandelnden Scheinwerferlichter im Hintergrund setzten weitere stimmige Akzente. Mit ihrer akustischen Gitarre in den Händen brachte Mitchell das sonst schon eher ruhig gestimmte Publikum zur vollkommenen Geräuschlosigkeit. Ihre klare und sanfte Stimme breitete sich im Erdgeschoss des Hauses aus. Jedes gesungene Wort war deutlich zu hören – einer der Vorzüge von nicht prall gefüllten Konzerträumen. Gemütlich war es – sogar auf den Boden liess sich der/die eine oder andere nieder, ohne dabei die Bühnensicht aufgeben zu müssen. Dennoch schien der publikumsleere Radius vor der Bühne anfänglich eine etwas hemmende Wirkung auf die Künstlerin zu haben. Etwas zaghaft und entseelt wirkte ihr Auftakt mit «The Land Beyond The Front Door». «This is a song I wrote when I was quite young, so forgive me.» Nichts zu vergeben, liebe Lisa. Der folkig angehauchte Titel «Alice in Wonderland», den die heutige Mittzwanzigerin mit siebzehn Jahren herausgebracht hatte, traf die wohlige Stimmung und lud zum weiteren Eintauchen ein – «...in a world where down is up/ And up is a long way from here...». Wahrlich mischte im Anschluss auch ein Zeitgenosse der vergangenen paar Jahrzehnte mit und spuckte etwas antiquiert klingende Beats heraus: Der gute alte Kassettenspieler fügte sich schicklich in das Retro-Setting. Zu Beginn zwar etwas stockend (bei einem Gerät im hohen Alter ja auch zu erwarten), verliehen die dumpf klingenden Beats Mitchells zartem Gesang und den folkigen Klängen auf pointierte Art und Weise poppige Akzente.

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Nicht nur die Musik wurde etwas dynamischer, auch die Sängerin schien sich indes mehr daheim zu fühlen auf der Luzerner Bühne und liess sich beherzigter auf ihre Lieder ein. Diese Stimmung entwurzelte überdies auch das Publikum, welches sich nun vermehrt hin und her wippend verhielt. Ein paar Zuhörer mehr wären dieser Atmosphäre sicherlich gut bekommen. Von Lied zu Lied zirkulierten Mitchells Finger abwechselnd über das E-Piano sowie die akustische und auch elektrische Gitarre. Nicht immer makellos, jedoch stets mit entzückendem Charme, so dass die einen oder anderen Patzer schnell in Vergessenheit gerieten. Untermalt wurde das Ganze durch Basslinien und Vocals von Tim Harvey. Ältere wie auch neuere Tracks konnten gehört werden - letztere folgen auf der kommenden Platte im nächsten Jahr. Mit dem bekannten «Neopolitan Dreams» als Zugabe verabschiedete Frau Mitchell sich, trotz einiger beharrlicher «One-more-Rufe» aus dem Publikum, von der Bühne. Der Kassettenspieler blieb jedoch da – und kam mir zuletzt noch vor die Linse. (Die Engadiner Singer-Songwriterin Martina Linn eröffnete übrigens den Konzertabend. Ich entschuldige mich an jener Stelle, diesen Auftritt (bei dem es sogar zu einer Jodeleinheit gekommen sei) verpasst zu haben. Das nächste Mal werde ich da sein!)