Auf einer einsamen Insel

Südpol, Kriens, 25.04.2019: Nach dreitägiger Residenz präsentiert Holm das Ergebnis der Proben. Eine einheitliche, abgerundete Erfahrung. Strukturiert und dennoch mit einem Gefühl von Freiheit. Eine kleine Insel der betörenden Musik an einem einsamen Abend.

Ein starker Wind zieht an diesem Donnerstagabend über den Platz vor dem Südpolclub. Haare werden verweht, Zigaretten im Freien mehr von den Böen geraucht, als von den Rauchenden selber. Allzu gerne sucht man Schutz an einem windstillen Ort. Vielleicht schaffen es deshalb nur wenige an diesem Abend nach Kriens. Im Innern des Südpols ist still und intim. Man mustert sich vielleicht ein wenig länger, als wenn mehr Leute hier wären.

Bis die ersten Töne erklingen und die ganze Aufmerksamkeit von der Band auf der Bühne eingesogen wird.

Holm sind Alessandro Giannelli (d), Dimitri Käch (g) und James Varghese (b). Der Bandname leitet sich aus der altnordischen Sprache ab, mit dem Wort wird heute eine kleine Insel bezeichnet, in der Nähe des Festlandes oder einer grösseren Insel. Ein passender Name. Die Band bewegt sich irgendwo zwischen Post-Rock, Krautrock und Ambient. Sphärische Klänge, viel Effekte auf der Gitarre, eingerahmt von punktgenauem Schlagzeug und Bassspiel. Passagen, die mehr Wert auf Geräusche und ihr Zusammenspiel, als auf klare Melodien und Richtungen legt. Und Passagen, die genau das Gegenteil tun.

Holm

Drei Tage hatten Holm Zeit sich für das Residenzkonzert im Südpol vorzubereiten. Ein Format, das nationalen und internationalen Musikschaffenden die Möglichkeit zum kreativen Experimentieren gibt. Am Ende werden die Ergebnisse öffentlich präsentiert.

Am Freitag erscheint das Debütalbum «Through Windows» der drei Zürcher auf Quiet Love Records. Auch ein passender Titel. Wie der Bandname, vermittelt der er genau das Gefühl, das Holm live heraufzubeschwören vermag. Träumerisch, schwelgend, an Melancholie grenzend, aber mit ausbrechenden Energieschüben, die fordern und zerren. Eine betörende Mischung.

Was am meisten fasziniert, ist die Einheit des Klanges, die von Holm erschaffen wird. Alles passt zusammen, jedes Instrument, jeder Effekt fliesst in jedem Song ineinander, wie Wellen, die an das Ufer dieser kleinen Insel branden. Und trotzdem ist jedes der Elemente wichtig und herauszuhören.

Angeblich sei das Album aus Improvisations-Sessions während Mittagspausen im Keller einer Zürcher Bank entstanden. Von dieser Improvisation merkt man aber kaum mehr etwas. Alles wirkt strukturiert, klar, geplant. Aber dennoch auch frei und beweglich, nie zu verkopft, immer mit viel Gefühl.

Es ist bedauernswert, dass nur so wenig Publikum seinen Weg zu diesem Konzert gefunden hat. Es ist nicht das erste Mal, dass ein Residenzkonzert in einem so intimen Rahmen gespielt wird. Man kann sich fragen, woran das liegen mag. Das Konzept selber ist interessant, und bietet immer wieder neue Überraschungen. Natürlich hat es seinen Reiz, ein Konzert wie das von Holm so persönlich zu erleben, es ist ein ganz anderes Erlebnis, wenn die Band nur für eine handvoll Menschen grossartige Musik spielt. Aber es wäre schön diesen Bands zu zeigen, dass ihre mehrtägige Arbeit nicht in einer öffentlichen Probe endet.

Diejenigen, die dort waren, werden sich wissend zunicken. Sie waren auf der Insel.