1:0 für das Theater Aeternam

Fussballstadion FC Kickers, 03.07.2015: Das Theater Aeternam spielt «Tod in Theben» von Jon Fosse, ein Grieche, kurzweilig und präzise gespielt. Mit einer Mannschaft in Höchstform, die der Hitze trotzte.

(Foto: Marco Sieber)

Anstoss. Das Theater Aeternam hatte einen harten Gegner: Das Wetter war heiss, das Fussballfeld riesig, das Stück behandelt alten Stoff: Es geht um Ödipus und sein Schicksal. Bedingungen, die das Spiel entscheiden können. Doch Aeternam hat präzise trainiert, war vorbereitet und eroberte das Feld im Sturm. Einen Griechen auf das Fussballfeld zu schicken ist gewagt, vor allem heute, wo antiker Stoff meist nur noch in moderner Inszenierung und Sprache anzutreffen ist. Doch die Mannschaft um Sophie Stierle (Regie) wusste mit den Bedingungen umzugehen, erkannte, dass dieser Inhalt keine Übersetzung braucht. Denn ob man seinem Schicksal entfliehen kann, ist eine Frage der Freiheit. Hiermit musste sich nicht nur Ödipus beschäftigen, sondern auch wir uns heute. Und man hat uns endlich wieder ein Mal alten Stoff vorgesetzt, den wir durchaus verdauen können. Die Spieler rannten nicht dem Ball, sondern dem Leben hinterher. Versuchten den gelben Karten des Schicksals zu entfliehen und entkamen doch nicht. Das Orakel erschallt über die Lautsprecher, setzt fest, bestimmt, ist endgültig. Und die Figuren kämpfen weiter, begleitet vom virtuosen Schlagzeuger Patrick Zosso, der genau die Beschallung lieferte, die das Stück braucht. Auffallend, wie strategisch geschickt und präzise Spiel und Sound verknüpft wurden. Eine Vernetzung, die die Spannung hochhielt und das Publikum geschickt führte. Es war ein virtuoses Spiel mit perfekten Pässen zwischen den Spielern und Spielerinnen, ein reibungsloses Ineinandergreifen, das auf dem grossen Fussballfeld unabdingbar ist. Genauso exakt wurde das Feld bespielt, das Team konnte die ganze Fläche nutzen. Auf- und Abgänge der Spieler wurden spannend inszeniert, die wallenden und wehenden Kostüme (Nina Steinemann) kamen zur Geltung. Ein ellenlanger weisser Schleier flatterte der Spielerin hinterher, und wenn die Figuren rannten, jede auf ihrer eigenen Art und Weise, hatte dies etwas Komödiantisches. Die Schauspielerinnen und Schauspieler konnten lange beobachtet werden, wie sie das Feld überquerten – und das war ein Genuss es. Man ist es sich nicht gewohnt, so weit weg von den Spielenden zu sein, daher ergab sich ein spannender Kontrast, da die Stimmen über Lautsprecher verstärkt wurden, aber die Figuren so weit weg waren. Besonders Kreon (Christoph Fellmann) fiel mit einer speziellen Betonung auf, er sprach seinen Text wie Morsezeichen. Fellmann erntete damit ein paar Lacher und konnte doch auch eine besondere Tragik herausarbeiten. Das Stück, welches in drei Etappen gegliedert ist (König Ödipus, Ödipus auf Kolonos, Antigone), wusste auch in der zweiten Halbzeit zu begeistern und brauchte keine Nachspielzeit. Es kam auf den Punkt. Die Spannung hielt sich. Wegen der grossen Distanzen, welche neue Sichtweisen und Perspektiven eröffnete, konnte man zwischendurch auch kurz abschweifen, das Spielfeld im Ganzen betrachten, konnte eine gesamte Szenerie wahrnehmen, ohne den Faden des Stückes zu verlieren. Bleibt wie folgt festzuhalten: Diese Mannschaft wusste zu spielen, konnte ihre Chancen nutzen und trotzte der Hitze.  

Weitere Aufführungen, jeweils um 20.15 Uhr: 10. 07., 12. 07., 17. 07., 18. 07., 19. 07., 22. 07., 24. 07., 25. 07., 29. 07., 19. 07., 31. 07. 2015.   Regie: Sophie Stierle Spiel:
Franziska Bachmann-Pfister
, Christoph Fellmann, 
Marco Sieber
, Sarah Schneider. Stimme: Jörg Dathe Musik: Patrik Zosso Ausstattung: Nina Steinemann (Bühne, Requisiten & Kostüme) Maske: Dorothea Stich Licht: Martin Brun, Fish&Light GmbH Bau/Technik: Martin Finsterle Sound: AUVISO, Fabian Weibel Grafik: Erich Brechbühl, Mixer Luzern