041 – Das Kulturmagazin im November 2022

Die neue Ausgabe ist da!

WRESTLING ALS SAFE SPACE

Brigade Brut kämpft im Ring und um Selbstermächtigung

KUNST MIT ABLAUFDATUM

Wer eine Tanzkarriere verfolgt, ist oft mit 40 Jahren körperlich ausgebrannt. Über das Altern in einer prekären Branche

TROTZDEM LACHEN

Ein Gespräch mit Yves Bossart über Humor und Philosophie

VOR ALLER AUGEN

Martina Clavadetscher gibt in ihrem Buch jenen Frauen eine Stimme, die als Objekte in die Kunstgeschichte eingegangen sind


 

Liebe Leser:innen

Schon von Quiet Quitting gehört? Das Phänomen begann im Juli in den sozialen Netzwerken zu kursieren, als Zaid Khan, ein 24-jähriger Ingenieur aus New York, seine Interpretation des Begriffs auf TikTok veröffentlichte. Quiet Quitting bedeutet, so Khan, sich vom Leistungsdruck und der sogenannten Hustle Culture zu distanzieren; also etwa keine Überstunden mehr anzuhäufen oder damit aufzuhören, am Wochenende E-Mails zu checken.

Obwohl dieses Phänomen die neoliberale Vorstellung reproduziert, dass alle Menschen gleichermassen das Privileg hätten, «einfach Schluss zu machen», kann es durchaus als Beispiel herangezogen werden, um zu zeigen, wie Leistungsbereitschaft zu einem unhinterfragten gesellschaftlichen Dogma geworden ist. Dieses Dogma ist auch in den darstellenden Künsten zu finden, wo der Körper von Tänzer:innen förmlich zum Verschleissobjekt wird. Entsprechend ist mit vierzig oft Schluss, in einigen Fällen schon früher. Denn irgendwann ist der Körper nicht mehr bühnentauglich oder wird nicht mehr als solcher angesehen. Für Tänzer:innen ist somit unabdingbar, sich früh nach einer zweiten Karriere umzusehen. Gleichzeitig ist die Vergütung während der aktiven Zeit so niedrig, dass sich Tänzer:innen kaum ein Polster für eine mögliche Weiterbildung anlegen können.

 

Cover: Anne Morgenstern

 

Diese Themen werden nun in der Produktion «Next Matters» zur Sprache gebracht, die ab Mitte November im Luzerner Theater zu sehen ist. Autorin Valeria Heintges hat mit verschiedenen Tänzer:innen der Produktion gesprochen: über das Altern, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die fehlenden Strukturen, die Tänzer:innen eine Absicherung ermöglichen würden, sobald die Karriere auf der Bühne endet.

Eine aussergewöhnliche Perspektive auf den Körper eröffnen die Wrestler:innen von Brigade Brut, die für diese Ausgabe von Daria Wild porträtiert wurden. Die Wrestler:innen, die sich seit 2018 auf die Matte klatschen, wie sie es selbst nennen, treten auf der Bühne als selbst gewählte Figuren auf, schlüpfen in verschiedene Rollen und sehen dabei sich selbst und ihren eigenen Körper mit anderen Augen. Fernab von jeglichem Leistungsdruck können sie das entdecken, was sie sich vorher vielleicht nie zugetraut hätten. Hier geht ein empowernder Raum auf, in dem die unterschiedlichsten Körper Platz haben, das Verhältnis zu sich selbst und anderen neu gedacht und körperliche Nähe gemeinsam verhandelt werden kann.

Wir wünschen viel Spass beim Lesen.

Giulia Bernardi & Robyn Muffler

 


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