Taufen im Neubad: Achtung, Rutschgefahr!

Who’s Elektra tauften ihre EP «God of the Sun». Mit dem Neubad als Taufort wurde ein Experiment gewagt, das auf musikalischer Ebene erstaunlich gut aufging. Trotzdem funktionierte nicht alles wie geplant.

Im Vorfeld ein wenig Geheimniskrämerei um den Ort des Geschehens, kurz vor Konzert wurde aufgedeckt. Das Fahrrad unter dem Füdli fährt mensch Richtung Richtung Bireggstrasse zum Neubad. Die ehemalige Badi nimmt ab dem ersten September offiziell ihren Betrieb auf: Raum bieten  für Kultur- und Kreativwirtschaft in Form von Ateliers, Arbeitsplätzen, Gastronomie und und und. Kultur der Offenheit in der Stadt Luzern. Löblich, vermisse ich zur Genüge im teilweise arg verknorzten Kuchen. Jene Vision entspricht Who’s Elektra zudem wie Disco Stu der Disco. Das Luzerner Trio zelebriert seinen groovigen Rock mit ordentlich Pfeffer unterm Arsch und  gilt zurzeit als eine der besten lokalen Live-Bands. Was die beiden Berisha-Brüder an den Saiten zelebrieren und Drummer Wettach aus seinem Drumset hämmert, ist mit wenig Sound in der Schweiz zu vergleichen. Power, Leidenschaft und – wer sie hinter den Kulissen kennt – wahre Rockstar-Attitüde zeichnen die drei Jungs aus. Dementsprechend halte ich mich beim Beschrieb der Musik für einmal kurz, weil gut Ding muss nicht immer Weile haben:  Schnaufendes Powerset, tanzende Besucher, schwitzende Musiker und überraschend starker Sound in der Neubad Freitagsbeiz. Es verwundert nicht, spiel(t)en Who’s Elektra unzählige Gigs in der Schweiz als auch international: Eklektischer Rock der Sonderklasse. Danke dafür. Im Anbetracht des Sonnengottes steigt die Vorfreude auf das Album «Goddess of the Universe». Ein bisschen Aufregung merkte mensch den Jungs zu Beginn zwar an, zwei, drei Fehler, aber schnell war warmgegroovt und die geschätzt 60 Gäste gut am Tanzen oder Mitklopfen. Erfreulich die vergleichsweise hohe Rate an jungen Leuten. Diese finden sich seit längerer Zeit spärlich an (Rock?-)Gigs, so zumindest mein Eindruck als regelmässiger Konzertgänger. Ein grossartiger Abend also ohne Zwischenfälle? Nicht ganz. Die «Probleme» können unterschiedlich stark gewichtet werden. Um Punkt 21:00 sollte die Sause losgehen, um 22:00 wäre dann Schluss. Kultur der Offenheit wird zwar im Neubad zelebriert, aber nicht um das Neubad. Das altbekannte Problem: Irgendwo sehen ein Mami oder ein Grosspapi ihren Schlaf in Gefahr. Zum Glück gibt’s die Schlümpfe. Beat Henseler und seine Chaostruppe haben einen Job zu erledigen. Schliesslich wollen nicht nur wehrlose, am Boden liegende Einbrecher verprügelt, sondern auch Kulturveranstaltungen regelmässig abgewürgt werden. Zwar gäbe es die altbekannten Konzerthäuser, aber es soll auch wieder einmal Neues geboten werden. Leider versprühte die Location nicht gerade Charme, zwischen dreckigen Tellern und Restaurantbetrieb Musik hören erinnert eher an einen Abend in der Gartenbeiz. Aber mensch akzeptiert mit zusammengebissenen Zähnen, der guten Stimmung wegen. Pünktlich stand das Trio bereit und verliess trotzdem wieder die Bühne. Eine vorher nicht angekündigte Tanzveranstaltung im Haus zwang die Band zur Verschiebung des Starts. So musste zum Schluss aus Sorge vor der Polizei frühzeitig abgebrochen werden. Sehr schade, befanden sich Who’s Elektra in bester Spiellaune. Von den Schlümpfen war dann länger nichts zu sehen, aber um knapp vor Mitternacht stand der Kastenwagen vor der Tür (sie nennen das Präsenz markieren) und aus war’s mit dem Bier. Fazit: Ein gelungener Abend auf musikalischer Ebene, der aber dank dem lärmempfindlichen Luzern zumindest auf organisatorischer Basis vergleichsweise floppte und irritierend früh sein Ende nehmen musste.