Dr ältischt Ürner

Kino Bourbaki, 22.02.2017: Im neuen Film von Theo Stich über eines der bekanntesten Zentralschweizer Originale, sieht man den Hauptdarsteller — einen kräftigen und dominanten Typen, jedoch mit gutem und warmem Herz — nie direkt vor der Linse.

Ich konnte mir die Wortspielerei nicht verkneifen, falls es aber immer noch nicht klar sein sollte, um wen es geht: den Föhn! Nein, damit ist nicht der Stromfresser gemeint, der heisse Luft ausspuckt, um die Haare schneller zu trocknen, sondern der warme, böhenartige Fallwind aus den Alpen.

«Wils mit ‹h› gschribe isch, ischs de Wind. Also dr ürner Föhn, dr ältischt Ürner»

Meine erste Erfahrung mit dem Föhn ist aus dem Kanti-Geographie-Unterricht, als wir das Phänomen der Erwärmung beim Absteigen des Windes auf der Alpennordseite berechnen mussten. Lange Zeit blieb es für mich danach aber ruhig um den Föhn, bis ich in Luzern zu studieren begann. Immer mal wieder musste ich mir von meinen Urner-Mitstudenten anhören, wie viel wärmer es doch zurzeit in Altdorf sei. Für die Kritik des Föhn-Films habe ich deshalb im Vornherein drei von ihnen gefragt, wie für sie der Föhn konnotiert sei. Marcel, der gerne mal ein Bier über den Durst trinkt, meinte: «Chopfwee». Der sehr offenherzige Nino sagte, «warmä Wind», und der schlaue Fux Remo merkte an: «Wils mit ‹h› gschribe isch, ischs de Wind. Also dr ürner Föhn, dr ältischt Ürner».

«Dr ältischt Ürner», eine schöne, liebevolle Bezeichnung. Genau daran knüpft der Zürcher Dokumentarfilmer Theo Stich in «Im Bann des Föhns» an und porträtiert verschiedene Menschen des Kanton Uris mit ihrem jeweils ganz persönlichen Bezug zum warmen Fallwind. Dadurch entsteht eine mehrdimensionale, fast menschenähnliche Charakterisierung des unsichtbaren Naturschauspiels. Gezeigt wird unter anderem ein Segelflieger welcher den Wind nutzt, um bis nach Innsbruck zu kommen, eine Bauernfamilie welche im Föhn sowohl «Segen wie auch Fluch» sieht, oder ein Meteorologe, welcher seit Jahrzehnten das physikalische Phänomen zu entschlüsseln versucht. Auch wenn die Porträtierten überwiegend positive Erfahrungen mit dem Föhn verknüpfen, werden auch immer wieder dessen schlechten Seiten gezeigt. 

Der Film ist sehr ruhig gefilmt und langsam geschnitten und formt seinen Hauptcharakter nur durch die Geschichte der porträtierten Menschen und mit dazwischen eingeschobenen Archivaufnahmen von Beiträgen zu vergangenen Katastrophen oder altem Lehrmaterial. Die Archivaufnahmen sind zwar als Zeitkapseln durchaus interessant anzusehen. Ihr offen gelassener Entstehungshintergrund und die bezweckte Aussage lässt sie aber zu nicht viel mehr als die durchaus nötigen Unterbrechungen des sonst auditiven Narrativ verkommen. Auch wenn der Film mit einer Länge von 70min eher kurz ist, ist er stellenweise doch etwas zu langatmig, eher einem lauen Lüftchen gleich als dem forschen Föhn.

Dem Kameramann Ueli Nüesch ist es jedoch gelungen, zum Teil sehr eindrückliche Landschafts- und Wetterbilder einzufangen und den Föhn dadurch auch visuell stimmungsvoll auf die Leinwand zu bringen. Der Film hat sehr wohl Qualitäten, man sollte aber schon eine Freundin respektive ein Freund von Dokumentarfilmen mit Schweizer Thematik sein, um sich den Film im Kino anzuschauen.

Der Film läuft am 09. März an.

Sonntag 05. März, 11:30Uhr Vorpremiere mit Regisseur im Bourbaki Luzern