Wie ein ultragrauer Regenabend golden wurde

Treibhaus Luzern, 21.05.2015: Profound Network. bringt mit Katrin Steffen und And The Golden Choir zwei Musikkünstler ins Treibhaus Luzern, die es geschafft haben, einen regnerischen Tag in einen unvergesslichen, fast goldenen Konzertabend zu verwandeln. Sanfte Klänge, musikalische Höhenflüge und unverkennbare Stimmen vermochten das Luzerner Publikum nicht nur zu erstaunen, sondern füllten den – mit Stühlen versehenen – Konzertsaal mit einer gebannten Stille voller tiefgreifender Momente.

(Bilder: Pascal Zeder)

Betrat man am vergangenen Mittwoch den hinteren Bereich des Treibhauses, drohte man als erstes geradewegs über eine der Stuhlreihen zu stolpern, welche als erste kleine Überraschung des Abends liebevoll aufgestellt worden waren. Katrin Steffen, die ehemalige Sängerin der lokal bekannten Energietruppe My Baby The Bomb (die übrigens, wie hier erwähnt sein darf, am Sonntag den 25. Mai 2015 ihre – hoffentlich nur vorläufige – Abschiedsshow spielt), eröffnete den Konzertabend mit einer Handvoll für Stimme und Gitarre geschriebener Lieder, das Ganze mit einzelnen Coversongs verziert. Das absolut gebannte Publikum, in einem von Stille erfüllten Saal, war zweifelsohne ein Beweis dafür, wie die junge Luzerner Künstlerin mit der unverkennbaren Stimme zu begeistern vermag.

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Das Wohlgefühl zog sich weiter und fand mit Tobias Siebert einen Anknüpfpunkt, weiter sitzen zu bleiben und sich der angenehmen Stimmung hinzugeben. Der Berliner Musiker erzählt mit seinem Soloprojekt And The Golden Choir Geschichten aus dem Leben, mitgetragen im Plattenkoffer und vor unseren Augen und Ohren aufgelegt. Eine Band ist keine zu sehen und doch ist eine zu hören. Ein abschweifender Blick und die Konzentration aufs Gehör lässt einem glauben, dass da mindestens ein halbes Dutzend Menschen stehen und diesen wahrzunehmenden Tonschwall live erzeugen. Und beim nächsten Blinzeln realisiert man, dass da doch nur jemand steht und fragt sich, woher diese Fülle an Tönen und Klängen kommen mögen. «Ich habe lange eine Band gesucht und keine gefunden» – mit diesen Worten entschuldigt sich der Musiker für die fehlenden Akteure auf der Bühne und erzählt, woher die Klangteppiche und Melodien herkommen. Sie stammen allesamt vom Plattenspieler, der auf einem kleinen Holztisch neben ihm steht. Alles wurde selbst aufgenommen und eingespielt und wird nun kompakt auf Vinyl durch die Welt getragen: «Das bin alles ich.» Stellvertretend für die Klänge liegen unzählige Instrumente auf der Bühne rum, die aber immer wieder – auch in der Gegenwart – liebevoll bespielt werden. Natürlich darf das Glas Rotwein nicht fehlen und plötzlich ist es, als würde das Tischlämpchen auf der Bühne nicht im Treibhaus brennen, sondern im eigenen Wohnzimmer.

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Profound Network. hat es geschafft, einen vielseitigen und talentierten Musiker nach Luzern zu bringen, der die Gratwanderung zwischen Melancholie und Freude, Stubengefühl und Kathedralenstimmung perfekt beherrscht. And The Golden Choir erzeugt Musik – gleichwohl für Optimisten wie Pessimisten – und lädt ein zu einer Reise zwischen Einsamkeit, Höhenflügen und Tagträumereien. Und immer wieder bringt einem das Knistern der Platte, das an einen flackernden Kamin erinnert, zurück in den Raum, umgeben von einer Stimmung, die gewiss für viele Anwesende ganz besonders war. Was das Positive sei, wenn man ganz allein die ganze Band ist? Dass man dann den Applaus für sich allein hat, meint Siebert irgendwann melancholisch und schelmisch zugleich – zurecht in diesem Fall. And The Golden Choir hat es geschafft, dass ein ultragrauer Regentag gegen Ende ganz schön golden wurde.