We want freedom for ourselves, but we can't give it to each other. We want peace beween nations, yet we battle with our lovers...

Es war ein magischer Abend gestern im Südpol. Vor allem aber auch ein schwedischer. Es spielten auf in der mittleren Halle: Philipe Burell und Wendy McNeill. In der Grossen lief die Vorpremiere der Tanzinstallation NÄCKEN des Häst Duos ab.

Zugegeben: Ich bin seit der Eröffnung nie wieder im Südpol gewesen. Auch heute frage ich mich erneut, was sich die Herren und Damen Standortplaner von der Stadt wohl dabei gedacht haben mögen, ein Kulturhaus von diesem Format irgendwo in der Pampa draussen zu errichten, wo der letzte reguläre Bus zurück in die Stadt um 00:07 (!!!) fährt. Egal. Der Limbo-Bereich ist gut gefüllt, als ich um halb zehn aufkreuze. Im Vergleich zu Treibhaus oder Schüür treibt sich hier ein eher gestandenes Publikum herum. Ziemlich pünktlich beginnt der Marygold-Sänger Philipe Burrell seinen Auftritt mit den Worten: «Ich bin hier zum Promo machen für das neue Album unserer Band, das in zwei Wochen hier getauft wird» (lese auch: «Der Schtei als sicherer Hafen») Darauf beginnt er, bewaffnet mit Gitarre, Loopgeräten und Laptop. Ist ganz OK, das Ganze, ein wenig belanglos vielleicht, überzeugt mich jedenfalls nicht. Also gehe ich raus, um ein Barbara zu trinken. Dann geschieht es: Die Neugier treibt mich in die grosse Halle, wo in der hintersten linken Ecke ein illuminierter Holzkubus aufgestellt ist. Aus den Ritzen zwischen den Latten blitzen menschliche Silhouetten hervor. Ich trete näher, spannere durch eines der vielen Gucklöcher. Zwei junge Frauen tanzen. Nicht für ein Publikum, nicht für Applaus, bloss für sich selbst, wie es scheint, in tiefster Versenkung voller unbändiger Energie. Die schönsten Erlebnisse mit Kunst sind ja immer jene, wo man unerwartet auf etwas Unbekanntes stösst, das erhitzt, einem alle Synapsen durchbrennen und Feuerwerke der Ergriffenheit hochgehen lässt. Heut ist ein guter Abend. Später erfahre ich, dass es sich hierbei um das schwedische, in Berlin sesshafte, Häst Duo handelt. Häst Duo? Hä? Hab ich doch auch schon mal wo gehört? Ach ja, die haben mir vor nicht allzulanger Zeit ne Myspace-Freundesanfrage gesendet... Die Installation hört auf den Namen NÄKEN, schwedisch für Wassermann, der die beiden menschlichen Urprinzipien, Eros & Thanatos, auf eleusinische Weise verschmelzen lässt. Magisches Theater: Heute bloss Vorpremiere! Premiere am Sonntag, weitere Aufführung am Mittwoch! Alle für experimentelles offenen Personen - HINGEHEN! Jetzt zeigt die Uhr Viertel vor elf an und die Landesverwandte der beiden Tänzerinnen, Wendy McNeill, die zwar ursprünlich den weiten Steppen Kanadas entstammt, heute jedoch in Schweden sesshaft ist, betritt die Bühne. Das Konzert ist gut besucht, aber wofür es an einem nicht-klassischen Konzert eine Sitztribühne braucht, soll mir mal bitte jemand erklären. Wendy singt uns, begleitet von einem Kontrabass, einem Cello und abwechselnd ihrer Gitarre oder Akkordeon mit herzlicher Spielfreude, Geschichten von gebrochenen Herzen, komischen Käuzen, skurrilen Begebenheiten. Vieles an ihrem Auftritt erinnert zuweilen – in äusserst positiver Weise – an Tom Waits. Ausser ihre Engelsstimme. Die entstammt schon eher der Mythenwelt eines William Blake. Nach einem abwechslungsreichen, berührenden Programm, zwei Zugaben und keinen offenen Wünschen ist Schluss. Anschliessend legen die 3fach-DJs auf, aber da ich trotz gelegentlichem Fitnesswahn keine Lust habe zurück in die Stadt zu laufen, renne ich – wie mir scheint in einem Völkerlauf – auf den letzten Bus und feiere im Bourbaki weiter. Hat zwar fast keine Leute, rockt aber trotzdem!