Was macht die Zeit mit den Alben? [#7]

Die Herren werfen sich gegenseitig vor, schräge Vögel zu sein (was stimmt) und fragen sich dann gegenseitig «Was willst du eigentlich?». Mike D sagt uns zum etwa siebten Mal, er sei Meik D. Dann versucht jemand das Krächzen eines Raben zu imitieren, was ihm recht gut gelingt. Prost. Von Dr. Knobel «Check your Head» von den Beastie Boys – 1992 Meine Erinnerung:

«Check your Head» hatte was von einem Sampler, weil es zwischen den Rap-Tracks immer wieder groovige Oldschool-R'n'B-Jam-Stücke hatte. Ein Punklied und ein Guten-Morgen-Kater-Lied hatten sich auch noch auf die Platte geschlichen. Eigentlich sehr verschiedene Dinge wie Hiphop, Punk, R'n'B, Indianer-Geflöte und psychedelische Anfälle passten auf dieser Platte perfekt zusammen. Nein! Sie brauchten einander. Die Probe aufs Exempel:

«Jimmi James»: Erst wird eine Konzertansage eingespielt. «Dis next wan is the first song on are new album», dann ist das Lied aber gar nicht live. Dadurch ist man nach sechs Sekunden schon durcheinander. Abgefuckte Drums, ein leiser Kontrabass und ein wildes Gescratche hauen los. Dann rappen alle drei durcheinander. Es geht darum, wer sie sind und was sie mögen. Einmal gerät der Rhythmus dermassen durcheinander, dass man das Gefühl hat, der CD-Player sei kaputt. Ein guter Anfangssong. «Funky Boss»: Funky Krimi-Gitarren fangen an, dann Bongos und Rock-Drums. Der Text ist eher kurz: «Funky Boss get off me Back» – dafür versucht ein Mann mit gelähmter Zunge das Wort «Funky» zu sagen. Sehr gut. «Pass The Mic»: Ein unbekanntes Blasinstrument winselt herum. Dann böse Gitarren und alles recht flott. Ähnlich wie bei «Jimmy James» rappen alle. Wenn Hiphop eine Religion ist, dann ist diese Art von Text ein Hiphop-Gebet. [youtube]http://www.youtube.com/watch?v=iBZYBL0KYdI[/youtube] «Gratitude»: Der berühmte verzerrte Basslauf! In dem Lied hat's nie mehr als drei Instrumente auf einmal, stellenweise sogar nur Schlagzeug und Bass. Der Text handelt vom Leben, aber es ist nicht ganz klar, ob er sagt, das Leben sei gut oder schlecht. Vielleicht beides. «Lighten Up»: Jetzt ein Indianer-Jam mit Kuckuck-Ton-Flöte. Sehr schön. «Finger Lickin' Good»: Wieder Geflöte, aber jetzt mehr Geheimnis-Flöte (Leerstehendes geheimnisvolles Haus). Sie rappen freestylemässig. Oh, eine Sitarpause. Später kommt noch Bob Dylan vorbei und meint, er gehe zurück nach New York City.

«So Wat'cha Want»: Oohh, mein Lieblings BB-Song: Anstelle einer Snare hauen sie mit einer Hellebarde auf einen nassen Abfall-Container. Der Herr Bassist spielt das ganze Lied lang nur einen Ton, und zwar ein Es. Die Herren werfen sich gegenseitig vor, schräge Vögel zu sein (was stimmt) und fragen sich dann gegenseitig «Was willst du eigentlich?». Mike D sagt uns zum etwa siebten Mal, er sei Meik D. Dann versucht jemand das Krächzen eines Raben zu imitieren, was ihm recht gut gelingt. Prost. [youtube]http://www.youtube.com/watch?v=KzaFGMQRBfs[/youtube] «The Biz vs The Nuge»: Ein betrunkener Idiot singt dreimal, die Beastie Boys kämen nach Hause. «Time For Livin»: Ein Punkkracher, der sagt: «Es ist Zeit zu leben, es ist Zeit zu geben». Vielleicht wollte der betrunkene Idiot andeuten, dass dieses Lied die Wurzeln der BB aufzeigt. «Something's Got To Give»: Jetzt super entspannte Psychedelie. Ein Text wie «Imagine» von John Brillen-Lennon. Der Sound ist so psychedelisch, dass mir die Augen unscharf werden. «The Blue Nun»: Ein Gespräch aus einem Film. «Stand Together»: Rockendes Hiphop-Gebet. «Pow»: Ein R'n'B-Jam, der reissend beginnt und urplötzlich in ein Schlaftempo wechselt. Gekonnt. «The Maestro»: Eine Telefonbeantworter- Nachricht: Ein verschlafener Mann meint: «Leck mich am Arsch, ich bin nicht interessiert an dir, ich bin nur an den B-Boys interessiert, also fick dich.» Dann erzählen sie, dass sie die coolsten Typen mit der coolsten Gang sind. Das stimmt auch.

«Groove Holmes»: Schöner Hammond-Orgel- Jam. «Live At P.J.'s»: Rockendes Hiphop-Gebet. «Mark on the Bus»: Ein halbbatzig geschrammeltes Liedchen über einen Busfahrer, der sich auf eine Insel träumt. «Professor Booty»: Rockendes Hiphop-Gebet. «In 3's»: Ein sehr kurzes, vertracktes Jazz-Funk-Stück. 1A. «Namaste»: Entspanntes Drogenlied. Ein kleiner Jim Morrison spricht dazu Kiffer-Lyrik. Schönes Ende. Fazit: «Check Your Head» ist ein Wunder: 20 Titel in 53 Minuten und alle sind super.

Nächstes Mal düsen wir ins Jahr 1996 nach Hamburg.