Was macht die Zeit mit den Alben [#5]

Eine Kolumne von Dr. Knobel «Siamese Dream» von Smashing Pumpkins – 1993 Erst die Meinung von Sid, gefunden auf CeDe.ch: «super cd. kauf, das ist ein wunderbar cd. ausgezeichnet / sid / 29.01.2009» Ich versuche mich zu erinnern:

Der Gitarrensound war voll metal-mässig, aber nicht das Gitarrenspiel, und die Songs erst recht nicht. Diese waren zu einem guten Teil Balladen in einem wuchtigen Metal-Grunge-Gewand. Der Gesang von Billy Corgan: dünn wie ein Katzenfauchen. Drummer Jimmy Chamberlin: immer flink mit der Pauke und mit vielen Wirbeln. Grosse Hits: «Disarm», «The Killer In You Is The Killer In Me» und natürlich «Today». Den Rest hab ich vergessen. CD rein. «Cherub Rock»: Zirkuswirbel, eine einzelne Gitarre und gleich sind's hundert. Billy gibt ein paar Mottos durch: «Freak out, give in» und «stay cool». Dieses Lied klingt, als sei es extra zum Starten gemacht worden. Worauf der Text hinaus will, versteh ich nicht: «Wer will Honig, solange es Geld hat». Ist aber ein gutes Lied.  «Quiet»: Es geht weiter mit gleichem Tempo und gleicher Kraft. Drummer Jimmy lässt's knallen. Der Text ist ein recht wirres Gedicht. Das Gitarrensolo ist sehr geil. «Today»: Die erste Hymne dieses Albums. Eine Kindergitarre klimpert wie eine Musikdose, dann kommt das ganze Brett auf einmal (das machen sie gern). Billy singt jetzt auch wie ein Kind. Heute sei der beste Tag überhaupt, und man glaubt ihm das! Wikipedia sagt, er habe dieses Lied nach Nervenzusammenbruch und Selbstmordversuch während der Aufnahmen geschrieben. «Hummer»: Rauschschnipsel wispern ein arabisches Melodielein und schon bald haben die Pumkins den Weg in ein locker rockendes Lied gefunden. Immer wieder klingen Gitarren-Läufe wie Bienensummen, ich bin nicht sicher, ob sie das mit einem Ebow (ein Gerät das man auf die Gitarrensaite legt, um diese geigenartig zum Summen zu bringen) machen. Im Text geht's um Philosophisches. Jetzt plötzlich ein ganz reduzierter Hippie Schwebeteil mit dem das Lied dann zu Ende geht. Schön. «Rocket»: Eine Knatter-Gitarre singt ins leere Stadion, und nach ein par Sekunden kommt die ganze Wand. Dieses Lied trottet vor sich hin. Na ja. «Disarm»: Ah. Hymne Nummer zwei. Akkustische Gitarre, Kesselpauken, Glocken und dann Geigen, Geigen, Geigen. Die vielleicht einzige Grunge-Oper der Welt. Der Text ist irgendwie sehr ähnlich wie die vorhergehenden: Es sind alles traumartige Gedichte, in denen Billy beschreibt, was er sein möchte oder war oder ist oder eben nicht ist; meist kommt Gemeines wie Narben oder brennende Augen vor. Auf jeden Fall ist das ein Superlied, ein bisschen kitschig, aber super. [youtube]http://www.youtube.com/watch?v=QQtLoJlQD6E[/youtube] «Soma»: Gitarren und Schlagzeug schleichen durch die Gegend. Eine Pause in Form eines Songs. Oh, da hab ich mich geirrt: Nach drei Minuten hauen sie plötzlich ein Rockgewitter los, dass es eine Freude ist! Mit Solo und allem. [youtube]http://www.youtube.com/watch?v=60J6HlvfePM[/youtube] «Geek U.S.A»: Das ist jetzt fast Metal, da wird richtig rumgehauen, doch bald kommt ein Hippi-Schwebeteil, der dauert aber nicht gerade lange und wird von einem Gitarrensolo abgelöst. Dann noch ein halb so schneller Rockteil – und aus ist das Lied. Ja ja. «Mayonaise»: Eine gezupfte Sommer-Balkon-Gitarre und dann die ganze Wand. Ist das Hymne drei? Jetzt haben sie plötzlich den reinsten Grunge-Gitarrensound. Grosses Lied. «Spaceboy»: Lagerfeuergitarre im Wohnzimmer, dazu Billys Gesang. Schlagzeug und verstimmte Melotro-Geigen (Das Melotron ist einer der ersten Synthesizer, es besteht aus vielen Tonbändern, auf denen z.B. eine Geige in verschiedenen Tonhöhen abgespielt wird. Es stimmt meist nicht und eiert). Gutes Lied. «Silverfuck»: Eine heavy Gitarre, Urwald-Drums. Die drehen jetzt voll am Rad: Gitarren und Schlagzeugsolo auf einmal. Dann bricht alles zusammen und Billy singt nur noch zu ein bisschen Bass, aber man spürt das Gewitter kommen, dann nur noch Billy «Bang bang you are dead». Jetzt das Gewitter! Am Ende, wenn vom Lärm nur noch Schwaden in der Luft hängen, sagt ein Mann: «Right, this Take, dont give a fuck». Schwer zu sagen, was er damit meint, ich würde sagen, das heisst: Den nehmen wir, denkt nicht nach. «Sweet Sweet»: Elektro-Cheminée-Gitarre, Billy singt. Das Lied hört am Anfang auf. «Luna»: Feine Gitarren, feine Geigen. Zum Schluss noch ein versöhnliches Liebeslied mit ganz wenig Sitar. Schön!

Nächstes Mal geht es nach Los Angeles ins Jahr 1996.