Was macht die Zeit mit den Alben? [#4]

Eine Kolumne von Dr. Knobel «Chocolate And Cheese» von Ween – 1994 Ich versuche mich zu erinnern – Erinnerung noch recht gut: Die Hits «Buenos Tardes», Opener: «Voodo Lady», Gitarren-Entspannungs-Ballade, Kilbi-Lied «Aids» und «Mister, Would You Please Help My Pony». Rest weg. Jedes Lied ein Planet für sich, aber immer schräg verfremdeter Gesang (= auch ein roter Faden). Jetzt Compact Disc:

«Take Me Away»: Nervöse Schrammelgitarre fetzt, es geht los! Schublade? Mediterraner, funky Garagen-Rock. Gene Ween (der Sänger) möchte weg von seiner Ex, weil er sonst verrückt wird. Stimme künstlich tiefer (= hemdsärmliger). Klingt wie live, zwischendurch Applausszenen, jedoch nicht echt. Crazy Gitarrensolo. Prima Lied. 01-take-me-away «Spinal Meningitis (Got Me Down)»: Xylophon zwischen Kindergarten und Horrorfilm. Gedämpfte Gitarre und Drums. Künstliche Kinderstimme fragt ängstlich, warum man sein Rückgrat sehen wolle, ob es sterben werde (Spinale Meningitis = Infektion Flüssigkeit im Rückenmark). Beängstigend. «Freedom Of '76»: Gene singt wie Prince. Hippy-Pop. Jahr 76, Lobpreisung. Band «Boyz 2 Men» wären gut gewesen, ein Film «Mannequin» sei gedreht worden. Lustig! Film von 1987, Band 1989. 76 klingt vielleicht besser, Texte entsprechen nicht der Realität. Schöner Song. «Can't Put My Finger On It»: Komische Perkussion, Verzerrter Motz-Rap: Kann es fliegen? Ist es grün? Kann es heilen? Kann es nicht fassen! Arabische Geige, passt nicht. Schräg.  «A Tear For Eddie»: Instrumentales Gitarrensolo-Lied, Pat Mathini und David Gilmour. Grossartig. 1994 hörten Birkenstock-Semi-Frau und Metall-Drummer Ween. Haben die dasselbe gehört? «Roses Are Free»: Billiger Drumcomputer, Orgeln, Drums. Mickey-Mouse-mässig. Gene Ween singt Ratschläge: »Häng Lametta an Baum, schneid ein Stück Melone ab, sag du liebst mich, aber glaube dem Floristen nicht, wenn er sagt: Rosen gratis». Super Mario-Style. Dadaistisches Gitarrensolo, dann richtiges Gitarrensolo. «Baby Bitch»: Lagerfeuergitarre, Helium-Gesang, kleiner Folk-Hit, Beatles und was weiss ich. Gene Ween ist böse, weil seine Ex seine Beziehung schlechtredet. Die Ex ist sehr schön aber eine dumme Kuh. Süsser Gesang + Kraftausdrücke = eigenartig.  «Mister Would You Please Help My Pony»: Kindlich, Sänger fragt jemanden, ob er dem Pony helfen kann, Lungenprobleme? Nicht sicher, Pony kann nicht sprechen. Solche Lieder = Drogenerfahrung. Die Melodie ist super. «Drifter In The Dark»: Acapella. Vorsänger Nachsinger. Rumschlendern = Suche nach einer Gleichgesinnten. Ernüchternd. Heikel. «Voodo Lady»: Urwald-Bongo-Funk. Gene ist verrückt nach Voodo Lady. Krächzendes Lärm-Solo. Sehr geil. 10-voodoo-lady «Joppa Road»: Hippy Lied. Gene lädt ein, an den wunderschönen Ort «Joppa Road», jedoch entspringt der Ort nur der Fantasie. Beatlesk.  Zwischenfazit: Ween = Style-Cover-Band dieser Welt: Ween schreiben eigenständige Songs, tönen aber am Ende immer wie die Beatles, Leonard Cohen, Pink Floyd, Prince, Jon Denver, Rod Steward oder was weiss ich. Ween sind ungreifbar. «Candy»: Schräges Perkussionslied, Süssigkeiten-Geschmack und Käse. Vielleicht ist Candy auch eine Frau? «Buenas Tardes Amigos»: Der Hit. Eine Ennio-Morricone-Folk-Geschichte. Ein Mann erschiesst aus Eifersucht seinen Bruder, und um dies zu verheimlichen, beschuldigt er einen anderen Mann, der erschossen wird. Mexikanischer Akzent = Oskar, Dene Weens Gitarrensolo ist unerreicht. Song = Wunder.   13-buenas-tardes-amigo «The HIV Song»: Nervtötende Karussell-Musik, Text = Aids. HIV. Kunst. [youtube]http://www.youtube.com/watch?v=q-k2vIDnHEI[/youtube] «What Deaner Was Talkin' About»: John Lennon. Entspanntes Lied. Wäscheaufhängen, nichts tun. Wunderschön. «Dont Shit Where You Eat»: Lagerfeuer, Ratschläge: «Zeig nicht Flagge, wenn wir rocken». «Scheiss nicht dort, wo du isst, mein Freund». Durchblick? Ween?

Nächsten Monat geht's ins Chicago von 1993.