Vom Glück dabei sein zu dürfen - Heidi Happy in der Schüür

Heidi Happy taufte am Samstag beim Heimspiel in der Schüür Album Opus-Nr. 3 (eigentlich: 4). «Hiding With The Wolves» heisst die neue Scheibe, die mit Orchester (und Band) eingespielt wurde. Wie würde das nun «nur» mit Band funktionieren? Eine zu beantwortende Frage eines grossen Abends, bei dem auch Gäste zugegen waren. Vom Ort des Geschehens rapportieren getreulich Urs Hangartner und Sam Pirelli in Wort und Bild.

Der Supporting Act ist ein einzelner Poor Lonesome Cowboy, den man gerade von der Schüür her gut kannte. Lonesome Hank steht da also einsam auf der Bühne und bringt eine Reihe von Singende-Cowboys-Lieder. Die können im Einzelfall bis tief in die 1930er-Jahre zurückgehen. Lonesome Hank, ein Mann, eine Gitarre, stilecht mit Stetson bestückt, wird bald ein Soloalbum vorlegen, auf dem auch Endo Anaconda und Heidi Happy mitsingen. Übrigens: Der Baseldeutsch parlierende Koboi, mit bürgerlichem Namen Samuel Schneider, ist der Sohn eines gewissen Hansjörg Schneider. Und Vater Hansjörg hatte am Vorabend als Prominenter (und zurzeit und schon seit einer Weile wohl prominentester Deutschschweizer Krimiautor, Stichwort «Hunkeler») bei «Luzern bucht» im stattkino gelesen. Schneider senior übrigens der Autor mit der zurzeit am meisten Genuss bereitenden Sprache hierzulande, wer die Hunkeler-Krimis nur vom TV kennt, möge die Lektüre schleunigst nachholen und sich eine Lektion in perfektem Stil und bestmöglicher Romankonstruktion gönnen. Schneider junior, unser aller Handsome Hank, schon in Bluegrasstagen mit den Lonesome Boys unvergleichlich, hat eine neue Formation. Eine Kritik findet sich hier. Und: Das neue Album ist im Kasten und befindet sich grad auf Labelsuche. Möge ihm balder Erfolg beschieden sein! Lonesome Hank wird später noch mutieren zu Handsome Hank (wie er es einst zehn Jahre lang war zusammen mit seinen Lonesome Cowboys), wenn er sich zum Hauptact gesellen wird, um in einer Murder Ballad zu duettieren.

Und apropos Duettieren: Es wird noch ein anderer Gast auf der Bühne mit dem Hauptact gemeinsame Sache machen an diesem Abend vor vollem Haus. Monotales-Vokalist Mauro Guarise ist Konzertgast, auch für einen schönen Schlepp-Country. Es ist die Monotales-Nummer «If Your Love Had Made Me Strong» ab dem letztjährigen Album «Call Me A Stealer, Call Me A Thief» (wo Heidi Happy auch mitsingt), hier in der Schüür mit Charlie Zimmerman an der Dobro-Gitarre gegeben. (Monotales übrigens am nächsten Dienstag im Barbès! in der Haifish-Bar!) Der Hauptact nun also. Das vor Wochenfrist erschienene Album «Hiding With The Wolves» gibt es ja zu taufen. Wir hatten es schon 17-mal gehört und waren entsprechend gespannt, wie die dortige Versöhnung von Klassik und Pop (sagen wir: in Get-Well-Soon-mässiger Manier) nun orchesterfrei in den Ohren ankommen würde. Gut, heisst die Antwort. Wie das? Gut, da war im Bassbereich noch ein etwas suboptimaler Saalmix zu vernehmen (Tendenz wummrig). Sonst aber so weit tipptopp. Mit Heidi Happy auf der Bühne ist die neue Band: Ephrem Lüchinger, der versierte Tastenmann, Charlie Zimmerman, der brillante Guitarrista (aktuell verblüffend oft mit Stratocaster zu hören, dabei war er immer mein Telecaster-Gott), verlässlich Kontrabassist André Pousaz und Nicht-nur-Drummer Arno Troxler.

«Hiding With The Wolves» wird ausgiebig, aber nicht in der Album-Chronologie gegeben. Und es werden immer wieder mal ältere Titel ins Programm gestreut. Aufgefallen: Heidi Happy hat eine neue Ponyfrisur (Geht ein Cowboy zum Coiffeur, kommt wieder raus – Pony weg), Charlie Zimmerman keinen Rossschwanz mehr. Auch frühere Werke kommen nicht zu kurz, ab dem 2008er-Album «Flower, Birds And Home» etwa mit etwas Loop und solo vorgetragen: «Push The Door». Vorher bereits «I Understand», ebenfalls von 2008).

Der Album-Opener «My Love Won’t Wait For You» kommt am Samstag an zweitletzter Stelle des offiziellen Programms (in der Zugabe gibt’s noch «Du da, ich da» (ab «Back Together», schon auf dem 2005er-Vor-Album «Heartache» zu finden). Schön countryesk galoppierend kommt das ungemein ohrwürmelnde «Sarah» daher – und dann die kleine Sensation: Arno Troxler begibt sich für «Eventually» zeitweilig an die elektrische Sitzgitarre! Das Orchester hat man in den Interpretationen des aktuellen Albummaterials nicht vermisst. Doch schön wäre es schon, wenn man es mal hören könnte (als Ausnahmefall ist es vorab schon mal passiert). Also: Sponsoren vor! Die Band war tatsächlich gross, neben den erwähnten Instrumenten kamen auch Glockenspiele zum Einsatz und geschickt verwendete Stimmensamplings. Jeder einzelne Musiker ist top, und einmal mehr ist das Ganze noch wunderbarer als die Summe der Einzelteile.

Und gross war auch die Frau Happy. Immer noch jubiliert ihre Stimme engelsgleich über den Harmonien, immer noch kommen die Koloraturen so perfekt wie unaufdringlich und ungezwungen daher, aber diese grosse Stimme hat an Tiefe gewöhnen, an köstlicher Rauheit, gleich mehrere neue Register meinte ich ausmachen zu können. Und auch Happys bis anhin grösster Hit, «Back Together», erhielt ein neues Timbre, ganz abgesehen davon, dass er nun in einer sehr schönen, leichtfüssigen, auf Prärie gestimmten Up-Tempo-Version gespielt wird. Man konnte das Lied, das einen seinerzeit überallhin verfolgte, ganz neu entdecken gestern – geliebt hat man es ja schon immer.