Viel mehr als der Junge mit der Ukulele

Schüür Luzern, 10.05.2018: One Lucky Sperm haben ihre neue Platte getauft, die dem Sänger Tizian von Arx erstmals eine Chartsplatzierung beschert. Die Meute war tanzfreudig, die Band voll parat, aber die Technik leider ein Arsch. Und: Es gab eine neue Rockhoffnung zu entdecken.

Die Stimmung in der Schüür-Bar: post-gewittrig erleichtert, prä-feiertäglich gelöst, angemessen trinkselig. Auf der Bühne steht im Hemd aber nicht Tizian von Arx, sondern ein anderer von den 7 Dollar Taxi: Christoph Zurfluh gibt hier den Ansager.

Und weil sich die Band nicht einigen konnte, ob sie ihre neue Platte nun taufen sollen oder nicht, übernimmt Zurfluh auch gleich diesen Part: Er steckt die neue Platte von One Lucky Sperm «Cream Fresh» in eine Schüssel mit – nun ja: Crème Fraîche.

Pflichtteil ist erledigt, die Band tritt auf die Bühne des Schüür-Parterre. One Lucky Sperm ist nicht mehr einfach der Junge mit der Ukulele, wie man das Sideproject des Sängers von 7 Dollar Taxi am Anfang wahrgenommen hat. Tizian von Arx hat jetzt eine komplette Band am Start: am Schlagzeug Jwan Steiner, an den Synthesizern Ralph Zöllig (wobei jeder noch etliche andere Geräte bedient).

Ausverkauftes Haus

Vor ein paar Wochen ist das neue Album erschienen und in den Top 10 der Schweizer Albumcharts gelandet. Das ist einerseits toll, andererseits braucht’s auch nicht mehr wahnsinnig viel dafür. Item: Die Schüür ist ausverkauft, vor der Bühne haben sich die gleichen Tänzerinnen versammelt, die schon im wunderbaren Video zu 20-Hour Flight die Schritte vorgeben:

Der Sänger und Gitarrist hat mit seiner Band das Publikum von Anfang an im Griff, spielt gewohnt catchy, auf den Punkt und trotzdem mit der nötigen Lockerheit. Tizian von Arx beweist, dass ihm der Gespür für die Bühne nicht abhanden gekommen ist, er ist und bleibt ein begnadeter Performer und Sänger.

Die Songs auf «Cream Fresh» reizen das Popgenre in alle Richtungen aus, das ist frisch, verspielt und immer etwas selbstironisch. Und die Musik ist tanzbar, vor allem live: Die Beats und Riffs treiben und allerlei Soundsprenkel unterlegen den Popsound. Von Arx singt, rappt, klamaukt. 

Eine gelungene Gratwanderung

Ein Höhepunkt ist, als Rapper Pablo Vögtli für den Song «Kookie Baker» die Bühne entert und mächtig einheizt. Dies auf dem einzigen Kleinstflecken am Bühnenrand, der neben all den Gerätschaften noch frei blieb. Auch das darauffolgende Gorillaz-Cover «Clint Eastwood» gelingt der Band erfrischend eigen.

Pablo Vögtli und One Lucky Sperm auf der Bühne.

Die musikalische Reise ist eine Gratwanderung, von Arx rappt, er soliert und gibt den Rocker, und wenn er dann doch noch zur Ukulele greift, ist das gewollt ulkig. Der Schlagzeuger bedient etwelche Sounds, der Mann hinter den Synthies sowieso. Aber dieses Konstrukt funktioniert, weil es so gut einstudiert ist.

Verdammte Technik

Und dann das: Gegen Ende des Sets streiken von Arx’ Effektpedale, seine Gitarre bleibt stumm. Also stöpselt er das Instrument ohne Umwege direkt in den Amp. Der Zwischenfall ist für die Musik weniger ein Problem als für die Stimmung: Der Sänger wirkt verunsichert, fahriger und es scheint ihm nicht mehr ganz so wohl auf der Bühne. 

Sie spielen ihr Set mit etwas bodenständigerem Sound tapfer zu Ende. Und wer will ihm den Anschiss verübeln? Wenn man sich monatelang auf diesen Moment vorbereitet hat und den Sound, der von so vielen Details lebt, lebt, zur Bühnenreife geprobt hat – und dann diese Technik. Andererseits: Machen nicht gerade Pannen denkwürdige Konzerte aus?

Eine Rockhoffnung

Ein weiterer Verdienst von One Lucky Sperm: Sie haben dafür gesorgt, dass die Vorband ihren Arsch aus dem Proberaum gekriegt hat, wie es deren Sänger ausdrückt. Als Einheizer haben One Lucky Sperm das Trio Captain Komodo & The Carnival Caravan um Sänger und Gitarrist Markus Aregger (Weekend Phantom) geholt. Es ist ihr erstes Konzert überhaupt, sie spielen sieben Songs – und sie sind die neue Hoffnung der Rockstadt Luzern.

Captain Komodo & The Carnival Caravan heizten als Vorband ein.

Die Gitarrenriffs gehen direkt ins Mark, es rumpelt, treibt und groovt. Stoner Rock, der an Highfish erinnert, oder auch nicht. Aber wie diese drei Jungs mit ihrem Dauergrinsen auf dem Gesicht ihre Nummern in den Raum schmetterten, hat grosse Klasse. Und es lässt hoffen, dass es mit Rockkonzerten noch nicht ganz vorbei ist.