«Über Leben und Arbeit»: Einstieg ins Ingmar-Bergman-Universum

Das Stattkino zeigt in einer Retrospektive eine Auswahl von Filmen aus dem grossen Oeuvre von Regiealtmeister Ingmar Bergman. Als guter Einstieg in das Ingmar-Bergman-Universum erweist sich der gestern gezeigte Dokumentarfilm «Ingmar Bergman – Über Leben und Arbeit».

Der Langjährige Weggefährte Jörn Donner interviewte Bergman im Jahre 1997 drei Tage lang. Angesichts dessen, dass Bergman zwei Jahre zuvor seine Frau verloren und sich in der Folge immer mehr aus der Öffentlichkeit zurückzogen hatte, zeigte er sich in diesen Gesprächen sehr offenherzig. Seine Kindheit war geprägt von der lutherischen Erziehung seines Vaters. Bergman erzählt, dass er zeitlebens diese Erziehung verarbeiten musste. Was er auch mittels filmischen Mitteln machte, wie bei seinem mit einem Oscar als besten auländischen Film gekröhnten Meisterwerk «Fanny und Alexander». Mit 19 Jahren verliess er sein Elternhaus und ging nach Stockholm Literaturwissenschaften studieren. Während dieser Zeit schloss er sich der dortigen Theatergruppe an. Es folgte der Weg zum vielbeachteten Film- und Theaterregisseur.

«Über Leben und Arbeit» will gar nicht zu tief in die Filmographie und Biographie von Bergmann eintauchen, sondern das Gespräch und die Themen frei fliessen lassen. So sind Themen wie seine Kindheit Eckpunkte, die aber gar nicht in alle Einzelteile extrahiert werden wollen. Bergman und Donner sitzen also in diesem Studio und sind sich selbst. Sehr schön auch, wie die skandinavische Eigenart zum Tragen kommt. Zum einen innerhalb des Gesprächs, aber auch im Aufbau des Films. Niemals hat man den Eindruck, die beiden könnten in eine intellektuelle Selbstdarstellung verfallen, wie dies ein Godard schon oft gemacht hat. Auch wird die Tiefe der Fragen, Antworten und Ausführungen nicht forciert, sondern wächst in aller Natürlichkeit im Gespräch selber. Hier liegt die Stärke des Films: Nicht durch das Explizite wird dem Leben und der Arbeit Bergmans auf den Grund gegangen, sondern durch den natürlichen Prozess einer Konversation – basierend auf beidseitigem Vertrauen. Die Stärksten Momente hat dieses eindrucksvolle Portrait, wenn Bergman über den Verlust seiner Frau, die im Jahre 1995 verstarb, spricht. Seit diesem Schicksalsschlag zog er sich ganz aus der Öffentlichkeit in sein Haus auf Fårö zurück. Über diesen Verlust zu sprechen, wühlt ihn emotional sichtlich auf, und er zieht dann jeweils seine Brille aus. Er erzählt, dass er noch disziplinierter seinen Alltag strukturiert, als er es ohnehin schon immer tat. Seine Angst, die Selbstdisziplin zu verlieren, stachelt ihn zu diesem Verhalten an. Er kann damit seine Trauer in geordnete Bahnen leiten, doch den Kontakt mit anderen Menschen vermeidet er weiterhin. Als Atheist hatte er nie Angst vor dem Tod und dem damit verbundenen Nichts. Doch mit dem Verlust seiner Frau, ist es für Bergman schwierig zu akzeptieren, dass er sie nie mehr sehen wird. Ingmar Bergman verstarb 2007 in seinem Haus auf Fårö. Mit seinen Filmen und Theaterstücken hat er sich ein Denkmal gesetzt. Doch Preise und Lobhudelei waren ihm immer fremd, seine Bescheidenheit liess dies nicht zu.

Weitere Ingmar-Bergman-Filme im Stattkino: DI 25. August, 19 Uhr: «Die Zauberflöte / Trollflöjten» Schweden 1974, Schwed./d,f DI 1. September, 19 Uhr: «Herbstsonate / Höstsonaten» BRD/Schweden 1978, Schwed./d,f DI 8. September, 19 Uhr: Fanny und Alexander / Fanny och Alexander» Schweden/BRD 1982, Schwed./d,f DI 15. September, 19 Uhr: «Sarabande» Schweden 2002, D synchron.