Tschu-tschu à go-go – Adieu Sweet Bahnhof

Zur Abwechslung mal keine reine Musik-Nite, sondern wieder mal eine thematische: Titel diesmal «Train», wie die Angelsachsen dem Zug sagen. Bunt, abwechslungsreich, unterhaltsam sowieso in vielen verschiedenen Vortragskunstformen in der Zwischenbühne Horw zum Besten gegeben.

Wie immer ist es liebevoll her- und angerichtet. Piktogramme an den Wänden, Fahrplan-Plakate, zwei selbst gebastelte Dritt-Klass-Abteile mit vorbeifahrender Landschaft im Fenster, die zirkulierende Minibar, Durchsagen, eine konstante Führerstandfahrt von Süd nach Nord (Gotthardstrecke) per Beamer, das Personal unübersehbar in signal-orangenen Original-SBB-Westen (man könnte in der Stadt trendsetten damit, aber die müssen wieder zurück), auf der Bühne der «Zwischenbühne» ein Wartesaal mit auf ihren Auftritt wartenden ProtagonistInnen. Jetzt zum Inhalt der heute Samstag noch einmal zu erlebenden «Train-Nite» zu Horw. Fast schon überschäumend der Angebotsstrauss an Produktionen rund ums Thema: Züge (einmal auch die gerne und schnell vernachlässigten Güterzüge, auf Englisch «Freight Trains»), Bahnhöfe, Passagiere. Nicht irgendwie diskursiv-analytisch vorgebracht und zusammengestellt, sondern spielerisch im buchstäblichen Sinn. Auch das musste einmal gesagt werden, nicht für die Presse bestimmt, aber von Moderator Heinz Gadient dem geschätzten Publikum im Vertrauen verraten: Keine einzige Person des «Train Nite»-Programmteams besitze im Fall einen Bachelor, geschweige denn gar einen Master in Kultur-, geschweige denn gar Event-Management. So konnte es losgehen, fulminant mit Rädäpläm, wobei es sich um ein preisgekröntes Krienser Tambouren-Trio handelt, das zu einem ersten Mal zu einem tattoo-mässigen Getrommel anhob (am Schluss ganz wunderbar im Ganzdunkeln noch ein zweites Mal mit reflektierenden Drum-Sticks). Die Filmgeschichte liess kurz grüssen mit Zugabfahrts-Szenen, derweil am Schluss filmisch wieder eingefahren wurde. Dann natürlich Musik bzw. Songs, wenn in den Programmablauf einstreuten Auftritten das Champions-Duo Richard Koechli (von DRS3-Mann Martin Schäfer am Vorabend zu einem der weltbesten Gitarristen ausgerufen) und Stefan Christen gesanglich und gitarristisch eine träfe Auswahl von Train Songs darreichte zum Wohlgefallen Musik liebender Menschen. So grosser Schwachsinn im kleinen Tabloid-Format: eine ebenso erschütternde wie erheiternde Erkenntnis, die einen angesichts der wiederholten Vorträge von TV-Stimme (Schweizer Farbfernsehen) und «Hardcore-Pendler» Ernst Süss ereilte, der nämlich ungeschönt welt- und menschheitsbewegende Texte aus Pendlerzeitungen las. Pure Realsatire. In diese Richtung ging es auch bei den szenischen Miniaturen von Theater Aeternam: Es sind dem Leben abgelauschte Zuggespräche (vor-Ort-dialogisch bzw. handyisch), authentisch aus der real existierenden Wirklichkeit geschöpft. Vor Ort auch hier: Der bedeutenden Innerschweizer Bahnhof-Landschaft sollte in der «Zwischenbühne» auch noch zu ihrer verdienten Beachtung verholfen werden. Es erfolgte via Live-Schaltungen, in denen Radio-DRS-Mann Thomas Fuchs zur Abwechslung vor der Kamera kompetent vom Verkehrsknotenpunkt «Waldibrücke» und von der Rund-um-die-Uhr-Baustelle «Allmend» (Zentralbahn) reportierte, im Fall «Matten Fuckin’ Hof» (aus einem Aeternam-Beitrag) aus libidösen Gründen spätabends allerdings ziemlich versagte. Ob er heute noch einmal zum Zug kommen darf? Was hatten wir nicht alles schon: Trommeln, Film, Gesang, Zeitungstexte und Theater, TV-Live-Übertragung. Es kam noch mehr: Simon Chen, einer der Champions im heimischen Spoken-Word-Geschehen, las passendes Geschichten-Material, namentlich zum Phänomen des «Ist hier noch frei?»-Fragens und er las, von der Schweizer Mediengeschichte überholt, einen lustigen Text über ein Gespräch der vier zur Entstehungszeit noch existierenden Pendler- aka Gratis-Zeitungen (.ch, News, 20 Minuten, Blick am Abend). Dann zur Abwechslung Musik der anderen, nämlich neutönigen Art. Das ist Musik, der man zusehen muss, dann ists doppelt so schön. Unter dem Titel «Schiene und Oberleitung» waren hier die Tuba-Grösse Marc Unternährer und der amtierende Melodica-Meister Urban Maeder am Werk. So viel, so schön. Aber dann war erst Pause. Und es ging gleich weiter. Falls jemand die Kunstart Tanz vermisst beim Lesen: Sie fehlte tatsächlich, was aber weitherum als nicht weiter schlimm erachtet wurde. Es war ja so schon ein schön vollgepackter bunter Abend ganz im Zeichen des Zugerischen.

Train Nite. Die grosse Nacht der Züge. Identisches Programm heute Samstag, 27. 6., 20.30, Zwischenbühne Horw