There Are Worse Reviews

Jazzkantine, Luzern, 29.03 - 01.04.2018: Das There Are Worse Bands Festival geht in die fünfte Runde und Kulturteil nimmt das wieder zum Anlass jeden Abend anwesend zu sein und nach jedem Konzert seine Meinung dazu abzugeben. Dieses Jahr findet das Ganze ein bisschen kompakter und nur in einer Location statt. Nichts desto trotz wird hier kompetent darüber berichtet.

Das There Are Worse Bands Festival ist wieder in vollem Gange und was wäre dieses Festival ohne kompetente Berichterstattung durch den Kulturteil? So wirklich tangieren würde es das Ereignis wahrscheinlich nicht aber trotzdem wollte ich nicht mit Traditionen brechen.Auch wenn das There Are Worse Bands Festival dieses Jahr in einem neuen, abgespeckten Kleid daher kommt, das eigentlich gar keinen ausführlichen Erlebnisbericht rechtfertigen würde, kann mich niemand davon abhalten die 4 Abende in der Jazzkantine zu verbringen.

Die letzten vier Jahre war dieses Festival gleichbedeutend mit zwei Wochen Musik auf ganz Luzern verteilt. Dieses Jahr schraubt es die Quantität ein bisschen runter, bleibt aber qualitativ hochwertig. Vier Abende, eine Location, drei Acts und jeweils ein Hauptthema.

Singer/Songwriter Abend

Angepriesen wurde es als "geselliger Singer/Songwriter Abend" und als man in das Untergeschoss der Jazzkantine eintrat wurde man auch schon von einladenden Stühlen empfangen die um, mit Kerzen bestückten, Tischen standen. 

Lindsey Ferguson

Den Abend und gleichzeitig das ganze Festival eröffnen durfte Lindsey Ferguson. Kanadierin im Blut, halb Bernerin auf der Zunge. Mit einem herz allerliebsten Mischmasch aus Englisch und Berndeutsch hatte Lindsey Ferguson schon nach den ersten Paar Sätzen das Publikum für sich gewonnen. Das war aber noch lange nicht alles. Eine aussergewöhnliche Stimme versteckte sich hinter dieser unterhaltsamen Lockerheit. Ein bisschen Country ein bisschen Folk aber nie ein falscher Griff. Auch wenn sie zwischen den Songs légere Gleichgültigkeit propagierte war diese Frau durch und durch Profi. Nicht mal geschmolzener Mascara konnte sie aus dem Konzept bringen. Und um noch schnell in die Kanada-Klisché-Kiste zu greifen und ein potenziell klareres Bild zu vermitteln, könnte man sie rein stimmlich gut mit Shania Twain vergleichen.

Der zweite Singer/Songwriter an diesem Abend war Tobi Gmür. Kurzerhand hatte er sich für ein elektronisches Set-Up entschieden, was ihm sichtlich mehr Freude bereitete. Chronologisch ging er seinen Mundart-Releases nach. Von den schweizerdeutschen Anfängen bis zu den neusten Kreationen, die erst noch veröffentlicht werden, spielte er dem Publikum eine musikalische Zeitreise vor. Zusammen mit seinem Bandmitglied, dem Verstärker, war die Luzerner Musik-Legende voller Spieleifer und füllte auch nur mit einer twangigen Gitarre und seiner Stimme die Jazzkantine so aus, dass das Publikum johlend nach einer Zugabe verlangte.

Tobi Gmür

Nachdem Tobi Gmür die gewünschte Zugabe noch gespielt hatte platzierte Trummer seinen beiden Gitarren und seine verschiedenen Effekte auf der Bühne. Erneut Mundart sang Christoph Trummer seine melancholischen Songs in das mehr oder weniger aufmerksame Publikum hinein. Da er mit Lindsey Ferguson abgemacht hatte, dass er seine Ansagen und Interaktionen mit dem Publikum auf Englisch machen würde ergab es auch bei diesem Auftritt ein wunderbar unterhaltsame Mischung aus Schweizerdeutsch und Englisch. Schwenglisch sozusagen. Musikalisch war auch Trummer ein erfahrener Könner. Dank den verschiedenen Effekten war die akustische Gitarre, die ihn begleitete, hin und wieder mit Oktaven versehen oder mit einem Wah-Wah bestückt. 

Trummer

Ein geselliger Singer/Songwriter Abend war es definitiv. Die Aufmerksamkeitsspanne einiger Besucher war zwar definitiv langsam überstrapaziert aber so oder so war es ein gelungener Auftakt der diesjährigen Ausgabe des There Are Worse Bands Festival.

Heute Abend geht's weiter mit Folk Rock und ich bin gespannt ob mir die Füsse wirklich nicht still stehen werden.

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Folk Abend

Weiter gehts, frisch fröhlich, mit dem zweiten Tag des Vier-Tages-Happening There Are Worse Bands Festival. Dieser Abend stand unter dem Stern "Folk, dass dir die Füsse kaum stillstehen!" und da die Füsse durch diesen nass-kalten Frühlingsabend genau so nass und kalt waren freuten sie sich ausserordentlich auf aufwärmendes Nicht-Stillstehen. 

Sleepyhouse

Da stand man also nun mit vielen anderen tanzlustigen Menschen und wartete drauf die Hummeln endlich aus dem Hintern rauslassen zu können. Bevor man das allerdings machen konnte durfte man zuerst andächtig "Sleepyhouse" lauschen. Heute als Duo unterwegs spielten sie sanfte Klänge gepaart mit melancholischen Klängen. Die Gitarre und zusammen mit dem Flügel ergaben eine entschleunigende Klangwelt. 

Das war aber der Mehrheit des Publikums recht egal. Denn auch wenn Sleepyhouse gute Musik machte hatten sie lautstärkentechnisch keine Chance gegen die Gespräche der Anwesenden. Aber wer kann es ihnen verdenken, schliesslich waren sie für Folk, dass einem die Füsse kaum stillstehen gekommen. 

Maple Tree Circus

Die momentan noch stillstehenden Füsse bekamen aber bald Anlass zum sich bewegen. Maple Tree Circus hatte schon mehr mit Folk am Hut. Die vier Musiker hatten zwar laut eigener Aussage keine Ahnung was sie da auf der Bühne machen würden als ahnungsloser Zuschauer hätte man dieses Statement aber nicht wirklich unterschrieben. Harmonie gabs bei Maple Tree Circus in allen Formen. Zwischenmenschlich harmonisch und gesanglich fehlerfrei harmonisiert es bräuchte nur noch eine Harmonika und die Harmonie wäre perfekt. 

Hendricks the Hatmaker

Zum Schluss durften dann die Festival Veranstalter selber auf die Bühne. Hendricks the Hatmaker dürfen natürlich an keinem There Are Worse Bands Festival fehlen, denn wenn man schon ein Festival organisiert dann bucht man sich natürlich selber auch rein. Auch wenn man an dieser Stelle meine Integrität anzweifeln könnte (denn wenn ich hier etwas schlechtes über die Festival Gründer schreibe, lassen sie mich nächstes Jahr bestimmt nicht mehr umsonst rein) waren die vier Hutmacher auch dieses Jahr eine willkommener Programmpunkt. Folkig, rockig alles was man sich so wünscht an einem Folk-Abend. Zum Schluss kam noch eine Kollaboration zu Stande. Maple Tree Circus meets Hendricks the Hatmaker. Mandoline, Banjo, Geige und eine Mundharmonika spielten zusammen ein Grande Finale und erlösten die Füsse nochmal vom Stillstehen.

Es geht schon wieder weiter, heute mit Rock, der so mitten rein gehen soll. Ob dem wirklich so ist erfährt man morgen, genau hier.

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PS: Die Fotos sind so schlecht geworden, dass ich sie hier niemandem antun wollte xx

Rock Abend

Der dritte Abend des There Are Worse Bands stand unter dem Rock Stern. Man durfte gespannt sein wer bei einer Schlaägerei mit Glauco wohl mit einem blauen Auge davon laufen wird, wie Evil diese Usses wirklich sind und ob's auch noch mehr Stripes gibt als nur diese Velveten zwei. 

Schlägerei mit Glauco

Glauco Cataldo hat immer mal wieder seine musikalischen Finger bei irgendwelchen Projekten im Spiel. Auch jetzt scheint er wieder ein neues Brainchild auf die Welt gebracht zu haben. Schlägerei mit Glauco sind genau so wirr wie virtuos. Genau so wie ich mir einen schlechten LSD Trip vorstellen würde. Mit gefühlten tausend Effektgeräten verzehrte Glauco seine Stimme bis zur Unkenntlichkeit und nutzte jegliche zusätzlichen Geräusche für seine Kompostion. Die Band rund um ihn schmissen mit Synkopen noch und nöcher um sich und krierten eine wirre Symphonie von Klängen. Einziger Anhaltspunkt für einen Jazz-Banausen wie mich war als man die Zeilen von «Wonderwall» oder von Eminem's «Lose Yourself» heraushören konnte. Was aber natürlich alles nicht so geplant war und bei Letzterem der Saxofon ist sich sein Lachen nicht mer verkneifen konnte. 

The Evil Usses 

Die vier Musiker aus Bristol spielten dann genau das was bei der Band vor Ihnen gespielt wurde einfach auch für ungeübte Free Jazz Hörer wie mich verständlich. Ebenfalls Saxofone, ebenfalls Synkopen aber auch eingängigere Basslinien oder erkennbare Gitarren Licks machten das Zuhören schon ein wenig angenehmer. Dank der Kompaktheit der Jazzkantine konnten die Ansagen auch ohne Mikrofon gemacht werden und so konnte man auch ohne Gesang am britischen Englisch erfreuen. 

Velvet Two Stripes

Velvet Two Stripes hatte es nicht einfach an diesem Samstag. Zuerst vergessen sie ihr Merchandise in Zürich und fahren nochmal zurück um es zu holen und dann war irgendwas mit der Technik nicht gut und das Feedback wollte einfach nicht mehr aufhören. Davon liess sich die einzige, tatsächliche Rockband des Abends nicht beirren. Die Songs waren simpel aufgebaut, hatten die richtigen Rockband-Hooks, die auf einander abgestimmten Brakes und die bekannten, wenn auch mit der Zeit repetitiven Licks und ein Schlagzeuger, denn man wahrscheinlich gar nicht hätte abnehmen müssen. Vielleicht ist die Jazzkantine aber auch einfach nicht der richtige Bühne für eine Rockband. Am Schluss waren dann aber doch noch so viele Leute anwesend, dass der Applaus für eine Zugabe ausreichte und endlich war auch alles richtig und ohne Feedback abgemischt. Die Band war sichtlich erleichtert und die Ohren des Publikums hatten ebenfalls nichts gegen diese Entwicklung.

So, heute gehts noch ein letztes Mal in die Jazzkantine für ein Open-Mic Abend. Was so passiert und vor allem wer sich alles angemeldet hat gibts dann morgen wieder hier nachzulesen.

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Pillow Song Open Mic Abend

Zum Abschluss des There Are Worse Bands konnte Lumberjack endlich mal die Füsse hochlegen und andere einen Konzert Abend organisieren lassen. Das Pillow Song Open Mic, dass sonst im Chäslager in Stans stattfindet begab sich an diesen Sonntag ins Exil in die Jazzkantine.

Organisiert und Präsentiert von Feather and Stone konnte man sich im Vorhinein anmelden und so war das Programm schon fix und es musste nicht noch erst nach freiwilligen gefahndet werden. So waren 6 Acts, die je drei Songs spielen dürfen geplant, eingetragen und der Reihe nach sortiert. 

Als erstes allerdings gaben Feather and Stone selber noch einen Song zum Besten. Grund dafür war nicht nur ihre eigene Spielfreude sondern auch die Überlegung, dass es so keinen Künstler gibt, der als Erstes vor das Publikum treten muss. Als die Beiden dann die improvisierte Bühne im Ecken der Jazzkantine frei gegeben hatten gab es ein buntes Sammelsurium an Musik. Von Elektropop von Bikin Showers bis zu Folk von den eigentlichen Initianten des Open Mics Famous October. Mal Schweizerdeutsch, mal Spanisch. Mal eine Liebeserklärung und mal ein Song über die Wüste in Abu Dhabi. 

Die Jazzkantine war so voll, dass sie noch mit extra Stühlen ausgerüstet werden musste und das Publikum lauschte, ganz wie es die Idee war, den Darbietungen andächtig zu. Genau so sollte ein Festival zu Ende gehen. 

Das wars wieder ein mal für dieses Jahr mit der Berichterstattung vom There Are Worse Bands Festival. Ich hoffe es war einigermassen lesenswert und es wird mir verziehen, dass ich die fotografischen Beweise weggelassen habe. Die sind bestimmt in ein paar Tagen, in viel besserer Qualität hier zu finden. 

Bis nächstes Jahr (hoffentlich)

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