Tequila-Shots als Ritual

Südpol Luzern, 02.06.2015: Mit ihrem Namen für Kontroversen sorgen und mit ihrer Musik Jubelschreie erzeugen: Das sind Viet Cong. Post-Punk, Art-Rock oder wie auch immer die Bezeichnung für den Sound der vier kanadischen Jungs lauten mag: Er haut rein. Mit von der Partie waren Twerps aus Australien. Unglaublich sympathisch, wenngleich ein wenig verschlafen.

Wer kurz vor Konzertbeginn der Supportband ankam (so wie ich), hatte nur noch kurz das Vergnügen, die beiden Bands auf dem Vorplatz des Südpol miteinander Frisbee spielen zu sehen. Denn um Punkt neun Uhr zeigten sich Twerps, mit Tee und Bier bewaffnet, auf der Bühne. Das seit 2008 aktive Vierergespann machte dann auch seinem Namen alle Ehre (twerp heisst übersetzt so viel wie Trottel oder Hohlkopf). Anfänge wurden verpatzt und es war ihnen anscheinend nicht immer ganz klar, welcher Song jetzt genau gespielt werden sollte. Alles eigentlich halb so schlimm, denn die australische Truppe machte dies auf eine einzigartig charmante Art und Weise, sodass man ihr jeden Patzer sofort verzeihen musste. Musikalisch kam man als Indie-Liebhaber ohnehin völlig auf seine Kosten. Über zu wenig genretypische Riffs und Licks konnte man sich wirklich nicht beschweren und die Strukturen wurden  angenehm einfach und kurz gehalten. Strophe-Refrain-Strophe-Schemata par excellence. Man wünschte sich trotz dem musikalischen Optimum ein wenig mehr Energie vom Indie-Quartett. Zugegeben: Tanztechnisch hatten die Klänge auch eher wenig Qualitäten, unmöglich wäre es trotzdem nicht gewesen.

Twerps

Gemütlich abbauen, gemütlich aufbauen und sich noch ein wenig über Synthies unterhalten nach dem Konzert. Bei dieser Gelegenheit wurde mir von Jules McFarlane (Gitarrist und Sänger der Band), erklärt, dass die Setlist mit blauem Stift geschrieben wurde und das blaue Bühnenlicht Schuld an der kollektiven Verwirrung war.

VietCongMarc

Dann brach plötzlich Hektik aus. Ein paar Typen bestellten sich Tequila-Shots an der Bar, stürzten sie runter und begaben sich eilig auf den recht kurzen Weg zur Bühne. Dort angekommen schnallten sich Viet Cong ihre Instrumente um (oder setzen sich dahinter) und begannen, ein musikalisches Feuerwerk abzufackeln. Anfänglich noch recht bedächtig, kamen nach ein paar Songs die insgesamt 22 Saiten (12, 4, 6 für die Statistik) richtig zum Tragen. Psychedelische Klänge, minutenlange Solis und kurze, knappe Ansagen dominierten das Set. Energetisch bis zum Anschlag und mit dunklen Texten: Das Publikum wurde hypnotisiert von den laut hämmernden Tönen, welche die vier Kanadier auf der Bühne erzeugten. Die Vorführung verging wie im Flug und so verstand man erst auch gar nicht so wirklich, dass es jetzt schon fertig war.

Nachdem man das dann aber wirklich begriffen hatte, blieb einem nur noch eines übrig: Sich mit den Bands vor den Eingang zu setzen, eins zu trinken und ihnen das Wahlsystem in der Schweiz erklären.