«Super cool, super sweet» – Scott Matthew in der Schüür

Scott Matthew, der Mann mit schönem Bart und bezaubernder Stimme, beehrte am Sonntagabend die Luzerner Schüür. Es war ein wunderbares Konzert der grossen Gefühle. Für einen beeindruckenden Support sorgte zuvor Pink Spider.

Ein hübscher Spätsommersonntagabend in Luzern: Mit dem Velo durch die menschenleere Hirschmattstrasse mit dem Ziel Schüür. Halt nein, da steht doch einer am Strassenrand, schwarz gekleidet und mit augenfälligem Bart: Scott Matthew. Es war zu hoffen, dass er den Weg zurück ins Konzerthaus finden würde. (Und was musste der in New York wohnhafte Mann wohl über die ausgestorbene Innenstadt denken? Ich hab ihn leider nicht gefragt.) Matthew fand den Weg tatsächlich wieder. Zuerst hockte aber eine Luzernerin als Support auf der Bühne: Valerie Koloszar alias Ernst Fall alias Pink Spider. Hübsche Songs in Americana-Folk-Manier – der Raum war bereits ordentlich gefüllt, es war totenstill und es wurde einzig den Songs gelauscht. Diese hatten es schliesslich auch verdient, gelauscht zu werden. Koloszars schöne, leicht angekratzte Stimme trug die Melodien angenehm, dazu Akkustikgitarre, zeitweise Keyboard. Einen Song gab's in Französisch, begleitet von Keyboardrhythmus und -akkorden. Nach 30 Minuten war der Weg geebnet für Scott Matthew.

Der aus Queensland (Australien) stammende Musiker trat vergangenes Jahr bereits im hiesigen La Fourmi auf und bestritt mit Antony And The Johnsons einen Abend am Jazzfestival Montreux. Matthew braucht – insbesondere was die Stimme anbelangt – den Vergleich mit Antony Hegarty nicht zu scheuen. Seit 1997 ist Matthew in New York zuhause, zuvor studierte er zeitweise Musik, arbeitete in der Australian Opera und wirkte in einer unbedeutenden Band namens Nicotine. Doch das ist Geschichte. 2008 und 2009 sind seine Alben «Scott Matthew» und «There is an ocean that divides and with my longing I can charge it with a voltage thats so violent to cross it could mean death» (ein wunderbarer Albumtitel) erschienen. Insbesondere Ersteres besticht durch wunderbar melancholische Songs mit nicht wenig Pathos. Zu empfehlen sind aber beide. In die Schüür kamen sie zu viert: Scott Matthew an Gitarre oder Ukulele wurde von Cello, Bass und Flügel begleitet – zwischendurch auch von Melodika, Metallophon und Anderem. Gesungen wurde zeitweise im Viererchor – ein Effekt, den sie sparsam und gezielt platzierten. Sowieso hielt sich die Band durchs ganze Konzert dezent zurück, was viel Platz für Matthews charismatische Stimme liess – und das war gut so (ist doch das zweite Album streckenweise etwas überladen).

Matthew besingt die grossen Gefühle – meist auf der traurigen Seite des Lebens. Schwermütige Melodien, die direkt aufs Herz abzielen und in die man sich wunderbar einlullen konnte. Das Publikum war gebannt, rückte zu einem familiären Eins zusammen, einige bewegten tonlos die Lippen zu den Songs. Im Kontrast dazu standen Scott Matthews sehr lustige Ansagen – der sympathische Mann war bester Laune und er vergass auch tröstende Worte an die Singlegemeinde im Raum nicht (auch er warte übrigens noch «for the right person»). Im gut eineinhalbstündigen Set fanden neben den Album-Songs auch neue Nummern sowie zwei Covers Platz (darunter Radioheads «No Surprises»). Einen Song, an dem sie momentan im Tourbus werkeln, brachten sie in reizvoller Rohfassung auf die Bühne: Ukulele mit vierstimmigem Beach-Boys-Chor-Gesang. Sonntagabendkonzerte haben einen ganz eigenen Charme. In Scott Matthews Worten: «Super cool, super sweet.» Aber ja doch. [youtube]http://www.youtube.com/watch?v=uxMIyiHsotE[/youtube]