Steff la Bluff?

Kulturteil für einmal auf ausser-innerschweizerischen Abwegen: Steff la Cheffe, die bekannteste Hiphop-Musikerin der Schweiz, feierte am Freitagabend (3. Mai) im Dachstock Bern ihr neues Album «Vögu zum Geburtstag». Als Vorband heizten die Luzerner Geilerasdu ein. Am 8. Mai sind alle zusammen wieder in der Schüür zu sehen. Gründe genug, Euch zu sagen, ob sich’s Hingehen lohnt.

Als Steff la Cheffe vor einigen Wochen bei Giaccobo/Müller auftreten durfte, wird sich mancher Hiphop-Fan ans Basecap gefasst haben: Die Beatbox-Vizeweltmeisterin stellte weder ihre Intelligenz noch Eloquenz unters Scheinwerferlicht, sondern bot einen Werbeauftritt aus der Retorte. Gemeinsam mit ihren beiden Backgroundsängerinnen, notabene wie zwei afrikanische Puppen vor sich hingestellt, hampelte sie dümmlich grinsend zu ihrer neuen Single «Ha ke Ahnig» auf der kleinen Bühne hin und her. Der gewohnt bissige Text verschwand wortwörtlich hinter dem ausstaffierten Afrika-Trallala. Realness? Ha ke Ahnig Gebetsmühlenhaft wiederholt la Cheffe, wie inspirierend ihre Afrika-Reise mit Band und Produzent Dodo war, wie freundlich, toll, schön Land und Leute waren. Die Plattentaufe sollte zeigen, ob man ihr die Wandlung abkaufen kann: Vom «Breitsch-Meitschi» (sie kommt aus dem Berner Quartier Breitenrain) zur rappenden Mama Africa. Die Antwort wurde vergnügliche zwanzig Minuten lang von den Senkrechtstartern des Hiphop-Trios Geilerasdu aufgeschoben. Die drei haben es mittlerweile im Griff, als Vorband das Publikum anzuheizen, waren sie doch schon der Vorakt von Webbas Plattentaufe 2012. Zu hoffen ist, dass sie bei ihrem Heimspiel in der Schüür etwas länger auf der Bühne bleiben – und nicht bereits nach dem zweiten Song einen Werbeblock für ihre eigene Platte schalten. Mike, Luzi und ihr DJ LUi G hätten das nicht nötig, denn sie haben, was Steff zur Zeit abzugehen droht: Authentizität. Ethnokitsch Diese verfliegt nämlich, als das Licht wieder angeht und die Zeremonienmeisterin mit ihren zwei Sängerinnen wie ein stolzes Pygmäenvolk auf die Bühne tanzt. Für sie mag das die afrikanische Wirklichkeit sein, hierher importiert. Der Zuschauer mit etwas historischer Sensibilität erkennt darin Ethnokitsch, wie er leider allzuoft unter rassistischen Vorzeichen betrieben wurde. Auch positiver Rassimuss (ha, diese Afrikaner haben eben den Rhythmus im Blut!) bleibt fragwürdig. Musikalisch will die Vermengung von Rap und poppig-afrikanischem Hintergrundgesäusel nicht klappen – es ist, als ob Steff selber nicht ganz daran glaubt, wenn sie dazu ironisch das Gesicht verzieht. Die ersten drei Lieder, die sie aus dem neuen Album performt, bleiben bei aller gespielten Lebendigkeit sonderbar künstlich. Nein, man kauft ihr den afrikanischen Bluff nicht ab. Die Stimmung steigt Erst als sie ihre Single anspielt, die den Ethnokitsch freilich auf die Höhe treibt, geht ein merklicher Ruck durch das Publikum. Man kennt es schon und hat wenigstens etwas zum Mitträllern, die Stimmung steigt; mit Liedern aus dem alten Album geht der Abend bergauf. Das ist nicht nur der gut spielenden, aber leider schlecht abgemischten Band zu verdanken, sondern auch den vielen Gästen: Lo und Leduc, Baze und Dodo geben sich die Klinke in die Hand. Greis, der ebenfalls ein Featuring auf dem neuen Album beigesteuert hat, fehlt. Rührend, aber viel zu lange, fällt schliesslich die Taufe der CD und die Danksagungen an alle Beteiligten aus. Ja, an so einem Album wirken eben gut fünfzig Leute mit, und man will sie alle genannt haben. Steff und Dodo kompensieren das Wartenlassen mit einer fulminanten Zugabe. Versöhnt verlässt man den Dachstock. Wer auch immer Steff la Cheffe das neue Afrika-Image eingeredet hat – gut möglich, dass sie es selber war – hat sich verkalkuliert. Dahinter kommt das toughe «Breitsch-Meitschi» zum Vorschein – dass Steff nicht gut bluffen kann, spricht letztendlich für sie.