So hatte ich mir das nicht vorgestellt

Am Samstag (14. Januar) feierte die schweizerische Erstaufführung von Warteraum Zukunft in der Inszenierung von Ivna Zic im UG des Luzerner Theaters Premiere. Der junge Autor Oliver Kluck widmet sich mit seiner neusten Produktion dem Wahnsinn der Arbeitswelt und der damit verbundenen Ohnmacht, die sich nicht selten in ungebremster Wut entlädt. Zum wiederholten Mal bewies das Ensemble des Luzerner Theaters schauspielerische Brillanz.

(Von Simon Meienberg)

Der Saal ist voll besetzt, die Stimmung ausgelassen. Nach und nach treten die fünf Protagonisten aus den Schatten und stellen sich als Daniel Putkammer vor. «Hallo, ich bin Daniel Putkammer, 28 Jahre alt, Ingenieur, alleinstehend.» Dabei wechseln sich die Schauspieler (Jörg Dathe, Wiebke Kayser, Marie Ulbricht, Jürg Wisbach, Samuel Zumbühl) untereinander ab und wiederholen oder verknüpfen den Gedanken, der zuvor angefangen wurde. Dadurch entsteht ein hochkomischer Monolog, der mit viel Wortwitz und Raffinesse dem Publikum manchen unterdrückten Lacher entlockt. Ein kaltes Neonlicht beleuchtet die Szene. Daniel beherrscht eine unbändige Wut. Arbeit ist schädlich, ultraschädlich, die totale Beschädigung, der Megaschaden. Tagtäglich dreht er sich im Hammsterrad der Arbeitsmühle und läuft gegen die Zumutungen des schnöde Büroalltags an. Keine Hilfe in Sicht, man bleibt in Bewegung und tut, was das Leben einem abverlangt. Aber schon auf dem Weg zur Arbeit bricht der Damm und ein Schwall vulgärer Gemeinheiten ergiesst sich über seine Mitmenschen. Denn er hat genug. Genug von diesem Scheissleben. Genug von Respektlosigkeit und Anonymität. Er wartet schon seit einer halben Ewigkeit auf die Beförderung, doch sein Chef versetzt ihn ausgerechnet nach Rumänien. Jetzt bloss nicht die Nerven verlieren! «Wenigstens …» , beruhigt ihn ein Kollege, «wenigstens haben die da kaltes Bier.» «Hoffentlich ist bald Feierabend», hält ein anderer dagegen. So hatte Daniel sich das nicht vorgestellt. Am Ort der nicht erfolgten Revolte, im Warteraum Zukunft, gibt es kein Licht am Horizont. Wenig Hoffnung auf Veränderung. Zwischen Stau, Zwiebelmettbrötchenfressern, einer Versetzung nach Rumänien und Alkoholexzessen versucht Daniel Haltung zu wahren. Die Sprache präsentiert sich unverschämt, eckt an und geht über den banalen Humor hinaus. Geschickt verwischt Oliver Kluck die Grenzen zwischen Comedy und Satire. Dieser Mann versteht es anzuklagen, sich zu beschweren und es bereitet ihm offensichtlich Genugtuung. Tatsächlich verfasste der Autor zahlreiche Beschwerdebriefe, bevor er sein Talent der Bühne widmete. Der Schrecken eines jeden Vorgesetzten.

«Warteraum Zukunft» wurde mit dem Kleist-Förderpreis 2011 ausgezeichnet und läuft noch bis DO 29. März, UG Luzerner Theater