Sie singt Lieder und sagt Sachen

Kleintheater, 09.09.2015: Mit der Prémiere ihres neusten Werkes «Grund für Liebe» hat die Kabarettistin Uta Köbernick den Saisonstart für das Kleintheater Luzern eingeläutet. Ihr drittes Soloprogramm zeigt eine echte Frau, die zum Lachen, aber auch zum Hinterfragen anstösst.

Ein Tisch mit ihrem Buch, ein Glas Wasser, ein Glas Wein, Gitarre und Geige, ein Hocker und ein Mikrofon, mehr steht da nicht. Und mehr braucht sie nicht. Es macht Uta Köbernick sehr sympathisch, wie sie ohne jegliche Spezialeffekte auskommt. Sie holt die Zuschauer mit einem für sie typischen Lied ab, in welchem sie fragt: «Warum seid ihr heute Abend alle da, ausser wegen dem Urknall und wegen mir?» Wer beim Titel einen unbeschwerten Liederabend erwartet, kennt Köbernick nicht. Auch dieses Programm macht nicht Halt vor politischen Hinterfragungen und, wie sie so schön sagt, vor gelauschten, fiktiven Gesprächen, die sie originalgetreu erfunden hat. So präsentiert sie mit augenzwinkernden Überlegungen ein kaputtes Wirtschaftssystem. Dabei hinterfragt sie um Ecken, die viele nicht sehen. Mit nachgespielten Dialogen aus dem Alltag setzt sie uns Schweizer Bürgern einen Spiegel vor, wenn es um die Ablehnung von Ausländern geht, oder um Klischee-Aussagen wie «Alle Afrikaner sind gleich, vor allem die Araber.» Den Nerv trifft sie, wenn sichtbar wird, dass sie insgeheim die Flüchtlinge anspricht. Sie besingt, wie Systeme in Systeme greifen und zu einem grossen System werden, welches einfach nicht funktioniert. Mit sehr viel Witz fällt einem ein begründeter Pessimismus gegenüber unserer heutigen Wirtschaft, Politik und Gesellschaft auf. Froh ist man dann zwischendurch, mit ihrer eigenen Kurzlyrik erheitert zu werden. Mit zärtlich Vorgetragenem wie «Bekannt ist, dass geheim verhandelt wird» holt sie das Publikum ab. Viel Wortwitz, manchmal auch Nonsens. Die Stimmung war ausgelassen, es wurde sehr viel gekichert, grosse Lacher gab es aber wenige. Und dann waren da die Lieder: Hell und schön klingen jene; von Köbernicks samtenen Stimme würde man gerne in den Schlaf gesungen werden. Die scheinintegrierte deutsche Wahlschweizerin setzt mit einem Lied auf Berndeutsch einen drauf, fast akzentlos klingt ihr «Mier hei ja üs». Man geniesst die Idee, bis man merkt, dass sie damit den Bünzli-Schweizer parodiert. Aber wenn sie das tut, bringt sie einem das so zärtlich bei, dass man ihr nie böse wird. Es bezeugt, wie gekonnt sie sich um ein Thema schleichen kann und es dann von unten hochgehen lässt. Was fehlt, ist der Bezug zum Programmthema «Grund für Liebe». Sie lässt sich aus über die politischen Erscheinungen unserer Zeit, aber das eigentliche Thema wird nur noch am Rande  angeschnitten. Man fragt sich, was der Inhalt des Abends mit dem Grund für Liebe zu tun hat. Wo wird man richtig berührt? Man kann aber doch wie folgt bestätigen: Was an Themen durch unsere Gesellschaft wackelt, hat sie festgehalten! Und allein mit ihrer Stimme hat Köbernick die ganze Aufmerksamkeit auf sich gehalten und grossartig unterhalten. Dass sie alles andere als menschenfremd ist, zeigt Uta Köbernick nach dem Abend an der Bar wo sie mit den Zuschauerinnen und Zuschauern plaudert. Und, ach ja, der Grund für Liebe? Man braucht sie, doch Liebe braucht keinen Grund.

Uta Köbernick tritt noch morgen 11. und Samstag 12. September im Kleintheater Luzern auf.