Rock das Attentat!

Jugendtheater auf schwindelerregendem Niveau: Das Junge Theater Basel zeigte im Südpol sein Erfolgsstück «Punk Rock».

Vier Jungs und drei Mädchen an einer noblen Privatschule. In jeder Stunde gibts Prüfungen. In Sprachen, in Mathematik, in Coolness, in Sex. Druck, Träume, Demütigungen. Scherze und Übergriffe und übergriffige Scherze. Regisseur Sebastian Nübling zeigt mit der fabelhaften Truppe des Jungen Theater Basels das alles in atemraubender Dichte. Das hat Tempo, das Energie, das hat Herz. Das ist perfekt getimt und perfekt choreografiert. Besser gehts nicht. Dazwischen Punkrock-Songs, mit Arvin Jairus Perez an der Gitarre und einem androgynen Denis Wagner am Gesang. Sie sagen: Es gäbe auch andere Wege, mit dem Scheiss fertigzuwerden. Nicht nur die Pistole. Dabei macht «Punk Rock» (nach dem Stück von Simon Stephens) durchaus ein paar Schritte auf Hollywood zu. Die Dynamik, die zur Abrechnung in der Bibliothek führt, ist schnell geschnitten und hart gepusht. Die Figuren sind klar typisiert. Und der Attentäter moderiert das Blutbad schliesslich in schlagfertigen Merksätzen. Klar, Theater darf das, muss das. Aber es gibt die geschmäcklerischen Momente, da dieses Stück eine Spur zu cool daherrockt. Da wird der Abend zum Theaterschmaus über Dinge, die zum Kotzen sind. Genug damit. In den entscheidenden Punkten kennt «Punk Rock» keine Klischees und kein Pardon. Dann eskaliert der Schulalltag eben nicht aus der Gemeinheit heraus, sondern aus dem Narzissmus. Und also nicht dort, wo man es erwartet, sondern dort, wo einer einsam, eindringlich und nervös über die Welt nachdenkt. Und dann gibt es in diesem Stück auch die sehr wahren und sehr grauenhaften Leerstellen. Bei Lilly zum Beispiel. Vom Attentäter heimlich geliebt und gewarnt, nimmt sie seine Worte gerade so ernst, dass sie am nächsten Tag nicht da ist, als ihre Mitschüler sterben. Sie fehlt im Finale, das sie nicht verhindert hat, und selten war eine abwesende Person auf der Bühne so erschütternd. Das Junge Theater Basel zeigt «Punk Rock» dann und wann, da und dort. Vorstellungsdaten siehe unter www.jungestheaterbasel.ch