Ränder und Reime

Kleintheater Luzern, Mittwoch, 2.3.2016: Reprise für Uta Köbernick und ihr aktuelles Programm «Grund für Liebe». Ein musikalischer Kabarettabend, der es in sich hat. Preisgekrönt.

Im September war sie schon einmal da. Das heisst eigentlich dreimal. Ich hab sie aber immer verpasst. Drum ging kulturteil.ch nochmal hin, aus sozusagen auch aktuellem Anlass: Am 20. Mai wird Uta Köbernick um 6000 Euro reicher. Dann nämlich erhält sie im deutschen Paderborn den Salzburger Stier 2016, einen der renommiertesten Kleinkunstpreise in den drei deutschsprachigen Landen BRD, A und CH. Sie tritt damit die Nachfolge für den letztjährigen Preisträger Bänz Friedli an, eben als Ausgezeichnet-Preisgekrönte aus der Schweiz (und nicht etwa Deutschland). Wie sagt man eigentlich politisch korrekt: «ein weiblicher Ossi»? Oder geht das: «eine Ossie»? Ist ja im Grund inzwischen keine Frage mehr. Denn: Uta Köbernick, ursprünglich eben aus dem deutschen Osten (aka DDR), ist seit Jahren schon hierzulande lebhaft (drum eben der Schweiz-Preis).

Uta Köbernick

Also dann, so lakonisch: «Ich sing Lieder und sag Sachen», sagt Uta Köbernick zu Anfang, um am Ende fertig zu sein. Dazwischen viele Schlüsse, die sie zieht, also so gedankliche. In Reime gefasst, auswendig vorgetragen, aus dem Ordner abgelesen und natürlich gesungen. Zur Gitarre und aber auch gelegentlich zur Stehgeige. Der Programmzusatztitel «politisch, zärtlich, schön» mutet ehrlich gesagt etwas unsexy-retro an. Dies nur am Rande, vor dem sich bei Uta Köbernick sehr wohl Abgründe auftun können. Die erklärenden Beiwörter braucht sie gar nicht, das Programm im Wechsel von Gesprochenem und Gesungenem – äh: spricht angenehm für sich selbst. «Grund für Liebe» heisst das Programm und ist gleichzeitig das offizielle Schlusslied. Nach dem Titeltrack gibt’s noch Zugaben, darunter das neue «Rattenfänger», wo sie singt, dass diese «aus meinem Kopf, aus meinem Herzen» verschwinden sollen. Im schönen, zärtlich dargebrachten Song wird’s freilich politisch, wenn wir da vernehmen von «ihr Plötzlich-aus-dem-Schatten-Treter», was sich reimt auf «Attentäter». Und unausgesprochen, aber deutlich genug kommen auch die verirrten (verführten) Menschen der Pegida-Bewegung vor. Vorher hat’s Platz für Themen wie «Schulden», Systemfragen, Schwarze Löcher, Zäune bauendes Europa, Ueli Maurers Frauenbild in Verbindung mit der Gripen-Abstimmung, In-der-Schweiz-Sein («I bi jo uhuere integriert»), unfromme Denkart des Menschentypus Taxifahrer, Knoten, Wackeln, Alleinsein. Zusammengefasst ist hier eine sympathisch-charmante Wortkünstlerin am Werk, die im Poetischen das Politische kreativ mitdenkt. Ein wacher Geist, der man bei ihrer zu Songs und Texten geformten Gedankenarbeit einen musikalischen Kabarettabend lang gerne zuhört sowie aber auch -sieht.