Polka, Polka, electrica – Radio 3fach feierte Geburstag

Wenn der Sedel zum Tollhaus verkommt, kann das viele Gründe haben. Gestern Samstag war's unser aller liebster Hörfunk mit seiner Geburstagsfeier. Zum Elften des Radio 3fach spielten Jolly and the Flytrap grandiose Allerweltsmusik und bouncten Hardwud Classiks frisch und leicht.

Um 22 Uhr ist der Sedel noch leer. Die geschätzte gesamte aktuelle und ehemalige 3fach-Crew wuselt in freudiger Erwartungshaltung umher und die ersten T-Shirts werden besiebdruckt (für 5 Franken konnte man Kleidungsstücke bringen und mit einem netten Radiologo bedrucken lassen – siehe Bild oben). Im Garten wird fein gespiesen, erste Shots werden ausgeschenkt – der Töggelikasten wartet noch darauf, malträtiert zu werden.

Bald treten aber die blutjungen Hiphopper Hardwud Classiks auf die Club-Bühne, der Raum füllt sich alsbald. Ausgerüstet mit Drum, Bass, Posaune, Plattenspielern (zwischendurch gar Gitarre) und drei flink rappenden Mäulern legen sie los. Das kommt sehr frisch daher, unverbraucht und locker – die Stimmung überträgt sich sofort auf das Publikum. Eine sehr sympathische Truppe, die im Handumdrehen aktuelle Begebenheiten (Qadhafi) in ihre Texte einflechtet, das Publikum auf nette Weise animiert («Wippt mit den Armen, als würdet ihr Basketball spielen!») und einen satten Groove hinlegt. Lustig: Die ganze Band (zumindest jener Teil, den ich aufgrund der Säulen im Raum sah) ist mit Metal-Shirts eingekleidet. Der Anfang war gemacht. Irgendwann kurz vor Mitternacht legten die ehrwürdigen Jolly and the Flytrap aus dem Obwaldischen los. Electric Polka? Global R'n'R Orchestra? Wie auch immer, die Jollys begeisterten einmal mehr mit ihrer Mischung aus schwermütiger Worldmusic und treibender Rhythmik. Zu ihrer Musik lässt sich gleichermassen weinen wie tanzen – Ostmelancholie trifft auf karibische Ausgelassenheit und italienisch singen sie genauso stilsicher wie englisch. Ein paar Jahre mehr (über 20) als das 3fach haben die Jollys inzwischen auf dem Buckel – tönen aber frischer denn je. Zwei Stunden lang stehen sie auf der Sedelbühne und passen perfekt ins hiesige Ambiente.

Gitarre, Bass, Keyboards, Akkordeon, Saxofon, Schlagzeug, Ukulele und oft vielstimmiger Gesang, das ganze feilgeboten in Uniform – das sind die Jollys wie wir sie lieben, und gestern erwischten sie einen besonders guten Abend. Und Ex-3fächler Richard Blättler (aka El Ritschi) sang nicht nur vorzüglich, sondern führte einmal mehr sehr charmant durchs Programm und bemerkte richtigerweise: «Wir sind so alte Säcke und dürfen hier spielen.» Nach einigen Zugaben räumten sie die Bühne – der Club hatte sich währenddessen gut gefüllt und getanzt wurde eifrig. Dann konnte es nur gut kommen mit den anschliessenden Discos. Richtig: Plural. Aufgelegt wurde parallel im Club, Keller und ersten Stock. Die DJs hiessen Fohlenbein, Disco Drive, Jim, Kelly Voltage, Wicked Wiggler und Chickomat. Also nichts wie los, den Sedel erkunden. Im Keller spielte dann sogar noch eine Band: Smeltingworks. Jedoch gestaltete sich ein Durchkommen als schwierig – es hörte sich aber nett an. Im ersten Stock drängten sich die Besucher zur famosen Disco von Fohlenbein und Disco Drive (dem ehemaligen und aktuellen Musikchef des zelebrierten Senders). Das hatte dann durchaus etwas sehr Urbanes, wie man zwischen den Stockwerken hin- und herpendelte und sich in den versprayten Kerkern treiben liess. Fantastische Arbeit, Radio 3fach – ihr wisst, wie's geht.