Performance Art in der Turbinenhalle

Ein bunter Mix aus nationalen und internationalen Künstlerinnen und Künstlern traf sich in der Turbine Giswil zur 11. Ausgabe der International Performance Art. Den Besuchern wurde ein abwechslungsreiches Programm an performativen Konzepten geboten.

Giswil, Samstag 8. September 2012: In der grossen Halle der Turbine Giswil fand die Veranstaltung 11th International Performance Art unter der künstlerischen Leitung von Ruedi Schill und Monika Günther statt. Das dichte Programm mit nationalen und internationalen Künstlerinnen und Künstlern, die sich der performativen Form der Kunst verschrieben haben, startete mit drei Darbietungen von Studierenden der Hochschule Luzern Kunst & Design. Eveline Blum (*1981) hat eine am Boden ausgebreitete Darmschnur aufgeblasen um sie anschliessend mit Modellgips zu füllen. Über eine gewisse Distanz liess sich der Modellgips zusammendrücken und in die Darmschnur pressen, bis seine Festigkeit erreicht wurde. Lorenz Hegi (*1988), trug alte Adiletten und anstatt sich zu setzten, jonglierte er mittels verschiedenen Rotationstechniken einen Stuhl um seine Körperachse. Die Performance war geprägt von der Geschwindigkeit der Drehung und den Handgriffen an Stuhlbeine und Lehnen. Danach zog Maura Wittmer (*1988) ihre Chucks aus und packte einen grossen Stein aus ihrem Rucksack, legte sich rücklings auf den Boden und setzte den Stein auf ihre Brust. Der Stein auf ihrem Herzen bewegte sich simultan mit der Rhythmik der Atmung, bevor sie ihn wieder in ihren Rucksack verstaute. Der internationale Programmblock folgte direkt im Anschluss auf die Beiträge der Studierenden und begann mit Jürgen Fritz (*1958) aus Deutschland. Flankiert von zwei einheimischen Alphornbläsern begann er mit leichten Schwenkbewegungen einer Handglocke. Die Intensität der Schwenkbewegung verstärkte sich die Alphornbläser begannen mit der musikalischen Begleitung der aufkommenden Glockenklänge. Jürgen Fritz steigerte seine Bewegungen kontinuierlich bis zu einer längeren Phase totaler Mehrstimmigkeit von Glocken- und Alphorntönen. Sein musikalischer Dialog mit den Alphornbläsern endete mit einem sanften Ausschwenken der Handglocke.

Auf ihn folgte die junge Weissrussin Olga Rogovaya (*1982) mit einer symbolträchtigen Verschachtelung einzelner Elemente zu einer multimedialen Performance. Begleitet von einem lauten Ticktack und Geräuschen einer Strassenbahn ähnlich, begann sie persönliche Gegenstände unter einem weissen Tuch zu verstecken. Langsam tastete sie sich über zerschnittene Papiere und eine schwarze Schnur an das Publikum heran, um es mit einem Kaleidoskop zu observieren. Dazwischen wirbelte sie Geldscheine und Münzen aus der ehemaligen Sowjetunion durch die Luft. Die Performance von Olga Rogovaya erschien als komplexe Vernetzung ihrer eigenen Persönlichkeit, die der Betrachter ohne Kontextualisierung nur bedingt aufnehmen konnte. Der Rumäne Nemere Kerezsi (*1979) brauchte für seine Performance drei Utensilien; eine zusammengerollte Metallfolie, einen Holzstab und eine Metallschere. Aus diesen Materialien fertigte er in einem aufwändigen Prozess eine Fahne, indem er die massive Metallfolie aufrollte, den Holzstab hineinsteckte und mit der Schere an diversen Stellen Löcher für eine Befestigungsvorrichtung schnitt. Durch die Löcher fädelte er geschnittene Randpartien der Metallfolie ein und verstärkte dadurch die Stabilität der gewichtigen Fahne. In der Manier eines Schweizer Fahnenschwingers versuchte er einige Schwenkbewegungen zu machen, was nach drei Versuchen mit der Zerstörung der Fahne endete.Anschliessend verteilte er persönlich jedem Zuschauer ein Stück luftig leichtes Goldpapier, um etwa die unterschiedliche Materialbeschaffenheit von metallischen Elementen aufzuzeigen. Das Publikum goutierte die Aktion mit heiterem Experimentieren der Goldpapierfolien.

Der Schweizer Dominik Lipp (*1974) stand auf der einen Seite der Turbinenhalle, während das Publikum auf der anderen Seite um seine vorgefertigte Installation herum sich platzierte. Der Blick glitt auf einen Hammer und eine antike Waage, eine Giesskanne, eine Vase mit zwei Holzstöcken, zwei Handtuchhaltern, zwei Handpumpen und einem Spazierstock gefüllt, sowie einem Behälter mit einer kochenden Flüssigkeit. Dominik Lipp begann auf seinem Weg durch die Turbinenhalle rosafarbene Gesteine aufzuheben, um sie mit dem Hammer feinsäuberlich zu zerschlagen und eine gewisse Menge abzuwiegen. Nach dem tränken der Vase mit der Giesskanne, wurden die darin enthaltenen Utensilien ausgelegt, die kochende, homogene Flüssigkeit eingeschüttet und Schritt für Schritt die Gesteinsbrocken versenkt. Mit dem Spazierstock rührte Dominik Lipp die Gesteine in der Flüssigkeit bis zu deren Auflösung. Die Performance war damit beendet. Das Abendprogramm der 11th Performance Art beinhaltete weitere ephemere künstlerische Darbietungen von Tamar Raban aus Israel, SU-EN aus Schweden und der Schweizerin Barbara Naegelin. Diese Performances wurden vom Autor nicht rezipiert.

11th International Performance Art fand am 8. September 2012 in der Turbine Giswil statt. Die nächste Ausgabe wird voraussichtlich im Herbst 2013 ausgetragen.