«... ond secher nie Salot»

Adventszeit ist Märchenzeit. Und auch wieder höchste Zeit für die Theaterproduktion (es ist die 14.) der Zwischenbühne Horw. Das muss nicht zwingend ein Märchen sein. Wir erinnern uns: «Jim Knopf», «Dominik Dachs», «Tom Sawyer», «Momo», «Don Quijote» und «Peter Pan» waren hier unter anderem schon an der Reihe. Jetzt also «Krabat», original als Jugendbuch von Otfried Preussler (auch «Räuber Hotzenplotz», «Das kleine Gespenst») 1971 erschienen. Auch märchenhaft.

(Bilder: Yvonne Meier)

Für Horw hat Christoph Fellmann eine Bühnenfassung in Mundart geschrieben. Erstmals regielich am Werk ist in der Zwischenbühne Susanne Vonarburg, die man von ihrer früheren Arbeit mit dem Jugendspielclub «Playstation» im UG des Luzerner Theaters kennt. Draussen, links vom Eingang, dreht sich unaufhörlich, ohne Unterlass das Mühlerad, von echtem Wasser angetrieben, dazu sind die typisch knarzenden und knarrenden Holzgeräusche zu vernehmen (PS: Das Mühlerad ist vom Schüürgarten gen Horw transferiert worden). Drinnen hats kein Mühlerad, die Mühle verzichtet auf ein solches. Dafür macht der grosse Mahlstein ganz dominant im ansonsten ganz ohne Schnickschnack auskommenden Bühnenbild auf wundersame Weise seine Runden. Bzw., so ergaben Recherchen von Kulturteil, er wird von Zauberhand angetrieben.

Krabat, 14, einer von den Omestrielis, kommt in die Mühle, die eigentlich gar keine ist. Da ist zwar Mehl, da sind Gesellen fleissig zugange, da hat es einen Meister in einer Art Zirkusdompteuruniform mitsamt Zylinder. Schwarzkollm, wir wissen es ja längt, ist eine «Schwarze Schule», eine private magische pädagogische Anstalt. So etwas wie ein firlefanzfreies Hogwarts. Die Schüler machen auch mal Seich, die Arbeit kann dank Anwendung von Zauberkraft massiv erleichtert werden, wie sich wiederholt an schönen Mehlsack-Choreografien zeigt, die Verpflegung ist spitze. Kinder dürften das besonders gern hören, was da im Menüplan äusserst appetitlich zu finden ist. Härdöpfustock, Braten – «ond secher nie Salot». Schmatz. Noch eine der schönen Sentenzen, die im Text stecken (der Zusammenhang ist mir gerade nicht mehr präsent, aber dennoch): «Es Ärdbeertörtli isch kei Mönsch.» Wie in der Pfadi gibt es grausliche, von den übrigen Gesellen mit dämonischer Freude und unter Anwendung des einen oder anderen Zaubertricklis inszenierte Taufen (mit dem obligaten Taufifrass). Also, Krabat checkt langsam, was da wirklich abgeht. Er mausert sich vom Lehrling zum Gesellen, erhält am Ende gar das Angebot, selber Meister zu werden. Was allerdings Folgen zeitigen würde. Die Mühle ist ja Teufelswerk, es geht auf Leben und Tod. Es steht alles im Schwarzen Buch geschrieben, und natürlich, wenn auch nicht gleich elf, so werden im Spiel flugs Menschen in Raben mit schön rollender R-Phonation verwandelt (und, keine Angst: wieder zurück).

Wir lernen unter anderem: Der Dumme ist am Ende der Gescheite (oder er ist es von Anfang an). Und: In Gefahr und grösster Not bringt der Mittelweg den Tod, da hilft als Rettung aus allem Elend nur die eine wahre Liebe. Songs gibt es heuer zur Abwechslung keine. Sie hätten in diesem Fall auch nicht wirklich gepasst. Stattdessen gibt es live gespielte Musik von Thomi Imhof (Lahar) und Michael Zezzi (DRS 3). Es sind gelungen eingesetzte angewandte Sounds mit Gitarre, Bass, Keyboard, Glockenspiel-Tönen (Zauber-Pling) und atmosphärischen Effekten. Auch wenn der «Krabat»-Stoff für einmal kein fröhlich-heiterer ist, kommt diese Horwer Inszenierung nicht etwa depromässig-düster daher. Immer wieder scheint das Helle und Leichte auf. Der Ernst der Sache wird im gefreuten Ensemble-Spiel nicht verraten oder gezähmt, aber doch adventisch-locker vermittelt. «Gömmer is Dorf?», fragt ein Geselle zum Schluss rhetorisch. Ebenso rhetorisch die Antwortfrage: «Eis go suufe?» Ich würde sagen: Gehet hin und nehmet ein Göttikind mit, dem ihr eine Freude machen wollt. Oder gehet einfach selber hin, mit euch als dem eigenen Kind in euch. Es soll zu eurem Schaden nicht sein.

Krabat; Zwischenbühne, Horw; für Kinder und Erwachsene ab 8 Jahren; Aufführungen bis 9. Januar 2010. Vorverkauf: www.zwischenbuehne.ch