Ob Moll, ob Dur, der Tod bleibt stur

Verzeihen Sie den Reim, ich bin bloss so beschwingt von der gestrigen Erstaufführung im Theater Pavillon von «Es sei strengstens untersagt, auf dem Friedhof zu kegeln». Wie da der Chor Integral die Kompositionen von Christov Rolla (der auch mitsang und Harmonium spielte) auf diverse Texte zum Tod – von Rilke über von Wolkenstein bis hin zum Berner Totentanz – aufführte, das war schlicht grossartig. Und nebenbei lag Max Christian Graeff schon mal im Sarg probe.

Etwas ganz Anderes zum Anfang: Es ist wohl an der Zeit, endlich einmal die Damen und Herren an den diversen Kassen bei unseren vielen Veranstaltungen zu würdigen, die immer mit sich reden lassen, wenn man mal wieder nicht angemeldet ist. Ich weiss das sehr zu schätzen, merci! Zum Thema: Die Kombination Graeff/Rolla ist eine bewährte. Seit diesem Jahr klimpert Rolla bei den Morlocks mit, wo Graeff bekanntlich den MC gibt, und als Duo gibt es die beiden ebenfalls. Canaille de Jour nennt man sich da und widmet sich der merkwürdigen Seite des Chanson. Habe den Auftritt im Treibhaus damals zwar glorreich vergessen und bin bei der Buvette pünktlich für die letzten 30 Sekunden angetrabt, darf man aber dem glauben, was man so sagen hört, dann soll das Ganze ausserordentlich hörenswert sein. Und ausserordentlich hörenswert sind auch die Lieder in «Es sei strengstens untersagt, auf dem Friedhof zu kegeln». Der umtriebige Christov Rolla ist für mich, seit ich zum ersten Mal sein «Ich esse nur Fleisch und Gemüse» aus dem gleichnamigen Stück von 2005 gehört habe (glücklicherweise auf des Mannes Website zu finden), ohnehin über jeden Zweifel erhaben. Und dabei bleibt es. Die Lieder, die er da für seinen Männerchor Integral (hier als Chor der Vonunsgegangenen) komponiert hat, die überzeugen auf der ganzen Linie. Entweder a cappella vorgetragen oder von Rolla am Harmonium begleitet, mal gross angelegt und mal beschwingt, aber immer eindrücklich. Auch dank dem wunderbaren Chor (besonders angetan hat es mir der Mann mit dem tiefen Bass ganz links in der Aufstellung). Und bei der Vertonung des Berner Totentanzes ist man beinahe schon geneigt, zu kalauern und etwas von Ohrwürmern und Leichen zu schreiben. Apropos Leichen: Max Christian Graeff kontrastierte das gesungene Wort immer wieder mit dem gesprochenen und las dabei vor allem aus einem Buch, das – wenn ich mich recht entsinne – «Stielten» hiess und saukomisch war. Dabei ging es in erster Linie um einen Lehrer und den Totengräber Wiederkehr. Für Hinweise wäre ich sehr dankbar, es ist nämlich rein gar nichts über das Werk herauszufinden. Graeff, der ja mit seinem Stimmorgan ohnehin der geborene Erzähler ist, kuschelte sich dabei (darf man sagen: schon mal?) in seinen Yamaha-Karton-Sarg. Und einmal durfte er auch mitsingen, und gefiel als Gevatter Tod bei dem Stück, das vermutlich «Es ging ein Jungfrau zarte» war, sehr. «Es sei strengstens untersagt, auf dem Friedhof zu kegeln» wird bis zum 16.12 noch dreimal aufgeführt und sei jedem wärmstens ans Herz gelegt, egal ob man sich normalerweise für Chorales begeistern kann. Nicht nur, weil es – neben dem Lesen des mysteriösen Buches – die einzige Möglichkeit ist, zu erfahren, was es mit dem Titel auf sich hat. Abschliessende Anekdote: Wie man nach dem Stück draussen vernehmen konnte, war tatsächlich ein Bestatter im Publikum anwesend, der dann auch prompt angeklingelt wurde, da er an diesem Abend auf Pikett war. Und treffend analysierte: Das Stück habe ihm gefallen. Man müsse nicht immer alles so ernst nehmen.

Bis 16. Dezember, Theaterpavillon Luzern