Night at the museum

Basel, Bern, Zürich, St. Gallen ... da darf Luzern natürlich nicht fehlen. Museumsnächte haben sich in der Schweiz zu festen Grössen etabliert, sind mittlerweile unentbehrlicher Bestandteil der Kulturkalender und präsentieren die verschiedenen städtischen Kulturinstitutionen als vereinigte, zusammengehörende Front – eine unter dem Jahr nicht immer gegebene, friedliche Einheit. Trotz dieser Verbindung der einzelnen Kulturräume wird das Ansprechen des bei diesen nächtlichen Events äusserst diversifizierten Publikums unterschiedlichst gelöst. Eine Beobachtung der Strategien zur Lösung dieser schwierigen Aufgabe ...

(Von Alessa Panayiotou)

 

Als nächstes ging es in Kunstmuseum. Der Klassiker der Luzerner Museumslandschaft setzte auf Bewährtes. Die Devise war: Schuster bleib bei deinen Leisten. Es ging nicht darum das Museum anders zu inszenieren, sondern seine Stärken hervorzuheben. Aus diesem Grunde wurden traditionelle Führungen angeboten. Dabei lag der Fokus auf einzelnen Werken – ein geschickter Schachzug, da aufgrund kultureller Übersättigung an diesem Abend die Aufnahmefähigkeit sowieso reduziert war und die Konzentration auf ein Objekt einen nötigen Gegenpol zum ansonsten relativ schnellen Durchlauf durch die Museumsnachtinstitutionen bildete. Und Hans Ernis Landibild, Thema unserer Kurzführung, bietet genug Detailreichtum um eine Viertelstunde füllen zu können. Momentan sind im Kunstmuseum drei Ausstellung zu sehen: Natürlich liessen wir es uns daher nicht nehmen, von allen zumindest einen Eindruck zu erhalten. Neben Ernis Einzelausstellung sind Silence und Nox Borealis zu sehen. Silence zeigt Werke aus der Sammlung des Kunstmuseums und macht die erstaunliche Bandbreite derselbigen deutlich. Die Thematik der Stille ist sehr weit angelegt, es lässt sich viel darunter subsumieren, was jedoch die Qualität der Werke nicht schmälert. Besonders die Arbeit Smith/Stuart bleibt im Gedächtnis: Im Mund des Künstlers Stuart wurde eine Miniaturkamera installiert. Die Sicht aus dem Innern der Mundhöhle und die Atmengeräusche des Protagonisten schaffen eine eigenartige Beziehung zwischen dem Betrachter und dem Künstler. Das mit Musik unterlegte Video Nox Borealis zeigt rein digital, künstlich hergestellt, das Phänomen der Nordlichter (hier nachzuschauen). Die Rauminstallation der finnischen Komponistin Kaija Saariaho und des französischen Musiker und Künstlers Jean-Baptiste Barrière war wie gemacht für die Museumsnacht: Mehrere Sinne wurden angesprochen, Atmosphäre erzeugt und ein Erfahrungsraum geschaffen.

Weiter gings in den Gletschergarten. Punkt neun Uhr begann dort das von Gisela Widmer geschriebene Live-Hörspiel obe dure, unde dure mit den ehemaligen Lüthi-und-Blanc-Schauspielern Katharina von Bock und Hanspeter Müller-Drossart begleitet von der Stimmkünstlerin Agnes Hunger (in Auftrag gegeben wurde das Stück aus Anlass der Restaurierung des Gotthardreliefs. Es ging also darum, die statische Installation durch eine performative Darbietung zu beleben und greifbarer zu machen). Die Erzählung der Begegnung zwischen einer deutschen Wanderin in Sandalen und dem urchigen Sprengmeister auf dem Gotthard war gespickt mit den im Moment sehr populären Aufzählungen Schweiz-Deutscher-Missverständnisse. Letztere und die dazugehörigen Sprachspiele waren amüsant ausgearbeitet, allerdings machte vor allen Dingen die Live-Erzeugung der Geräusche durch die Protagonisten den extra Twist dieser Aufführung aus – Klebebandreissen wurde dabei beispielsweise zum Abbeissen einer Wurst...

Nach dieser theatralen Darbietung, trotz des makaberen, aber umso überraschenderen Schlusses für jung und alt gedacht, begaben wir uns ins Museum am Bellpark in Kriens. Dort wurde die Thematik der aktuellen Ausstellung The Triumph of Debt von Adam Dant, seines Zeichens Chronist der Bankenwelt, durch eine Lesung aufgenommen. René Zeyer las aus seinem Bestseller Band, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker erfundene, aber durchaus auf Erfahrungsschatz beruhende Geschichten aus dem Reich der Börsianer. Im Zuge dessen wurde unsereiner wieder einmal deutlich vor Augen geführt, wie lächerlich undurchsichtiges Fachchinesisch für Aussenstehende klingt, was den Reiz dieser Erzählungen ausmachte. Direkt anschliessend führte Hilar Stadler, Leiter des Museums, durch die Ausstellung des Briten Dant. Seine an Comics und detailreiche, spätmittelalterliche Wimmelbilder à la Pieter Brueghel orientierten Zeichnungen lohnen, nicht nur ihrer durch die Finanz- und Wirtschaftskrise erzeugten Aktualität wegen, eine Reise nach Kriens. Der Zynismus und typisch britische schwarze Humor Dants machen seine Werke höchst vergnüglich, wobei das Lachen nicht selten in Nachdenklichkeit umschlägt.

Zum Abschluss gönnten wir uns einen wohl verdienten gespritzten Weissen in der Bourbaki Bar, wo Johnny Burn & the Bunsenbrenner Boys, vor dem sich mehrheitlich in der Altersgruppe zwischen zwanzig und dreissig bewegenden Publikum spielten (ansonsten an der Museumsnacht die am spärlichsten gesäte Altersgruppe. Woran das liegt ist eine immerwiederkehrende Frage, die an anderer Stelle zu diskutieren ist). Der Intellekt konnte sich ausruhen von den vielen Eindrücken des Abends und Ideen spinnen, wie man selber als Museumsverantwortlicher Eventcharakter und bestehende Ausstellung, ‚Alltagskultur’ eben, zusammenbringen würde.