Musik zu Filmen, die es nicht gibt

Backstube, 18.1.2014: Das grosse B steht in Stans für die im Dorfzentrum gelegene Backstube. Zwischen Kleidergeschäft und Restaurant führt eine unscheinbare, braune Holztüre in ein Kellergewölbe. Was einem dort geboten wird? Ein Antiquitätenmuseum und Feinkostmusik.

Wie eine Mischung aus ehemaliger Bar 57 und dem Industriestrasse 9 Keller in Luzern, präsentiert sich die Backstube im Stanser Dorfzentrum als Konzertort für einen kleinen Rahmen. Die eintreffenden Besucherinnen und Besucher scheinen vertraut mit den Gepflogenheiten in der Backstube: Kollekte für die Musiker wird brav in den Topf geworfen, das Getränk erhält man zum Preis, den man selbst nennt, den Sitzplatz richtet man sich auch selbständig ein, Wärme spenden zahlreiche Heizöfeli.

Etliche Trouvaillen aus diversen Zeitepochen machen den Grossteil des Interieurs aus. Schwarz-Weiss Fotos zieren die Wände, alte Suppendosen stehen auf den Gemäuern, Emailschilder weisen auf das Rauchverbot oder die früheren Marronipreise hin, antike Stühle stehen im Raum. Der massive Steinkeller erhält durch diesen Brockenhaus-Fundus ein gemütliches und altehrwürdiges Ambiente. Man fühlt sich atmosphärisch in der Zeit zurückversetzt. So wie auch bei der Musik von Heligonka.

Heligonka, das sind Stefan Haas und Jesco Tscholitsch aus Emmenbrücke. Die beiden, der eine Grafiker, der andere Fotograf, teilen sich ein Atelier in der Viscose und veranstalten ihrerseits kleine Konzerte und Filmabende im Viscose Stübli. Ihre raren Auftritte sind begehrt und finden meistens fernab der grossen Bühnen statt. Es scheint, als ob sich die beiden Musiker die Orte für ihre Musik feinsäuberlich auswählen. In der Backstube verschmolzen die musikalische und innenarchitektonische Ausstattung zu einem leicht nostalgischen Konzertabend. Jesco Tscholitsch sitzt, spielt Akkordeon und Rhythmusinstrumente, Stefan Hass steht mehrheitlich und gönnt seinen Fingern Gitarre, Banjo oder Percussion. Heligonka spielen Musik für Filme, die es nicht gibt und nur in den Köpfen existieren. So in etwa lautet die schwammige Definition, die jedoch sehr zutreffend ist. Mittels sanfter Gitarrenriffs und Akkordeontöne erzählen Heligonka kompakte Kurzgeschichten, gehüllt in eine sanfte Klangwelt. Es resultieren eingängige Melodien wie bei Again and Again oder The Wedding Photographer. Man fühlt sich unweigerlich ein wenig an französische/osteuropäische Musik erinnert, erkennt eine Prise Tom Waits und hat das Gefühl, Jonti sei der stimmliche Zwillingsbruder von Jesco Tscholitsch. Eine Melange aus Folk, Country, Blues mit Low-Fi-Allüren beschreibt wohl die wichtigsten musikalischen Facetten von Haas‘ und Tscholitschs Musik. Wer Heligonka schon länger kennt merkt, dass sie frühere Akustiksongs nunmehr mit Texten überzogen haben und fragt sich abschliessend; wann nun wohl die erste Platte herauskommt…