Mit Glitzer in den Sommerschlaf

Südpol Luzern, 20.06.2015: Seit heute früh befindet sich die Luzerner Kulturwerkstatt nun in den wohlverdienten Sommerferien. Ausgeklungen wurde die diesjährige Veranstaltungssaison mit dem traditionellen Grillfest. Ganz im Sinne der drei Kultursparten wurde reichlich getanzt, gesungen und gespielt. Glitzrig war es. Und auch etwas nackig.

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Das gestrige Fest stand zwar ganz im Namen der Ausweihung der vergangenen Saison, begonnen hat der Nachmittag jedoch mit einer (vorerst noch symbolischen) Taufe. Beschildert wurde er – der Highway der gehobenen Unterhaltung, der geplante Veloweg zwischen den beiden erlesenen Kulturhäusern, dem Neubad und dem Südpol. Auch das erste Fahrrad durfte bereits die besagte Strecke passieren. Ein Zeichen der Beständigkeit seitens der beiden Einrichtungen, im Hinblick auf die Ungewissheit bezüglich des Realisierungszeitpunkts des Projektes.

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Dem darauffolgenden Petanque-Turnier, wie auch den beiden Perfomances von Daniel Hellmann und der Lausanner Gruppe Zooscope, wurde an dieser Stelle leider nicht beigewohnt und somit nun ein kleiner Zeitsprung hin zur abendlichen Atmosphäre im und rund um den Südpol. Ja und die, die war schön... Vereinzelt krabbelten noch die jüngsten Besucher umher, die dann mehr und mehr durch das eintröpfelnde Festpublikum abgelöst wurden. Mit dem ersten Bier in der Hand und Grilladen auf dem Teller, der gemütlichen Musik lauschend, vergass man beinah das Headline-Programm des Abends. Die Lautsprecher erinnerten daran und ihnen gehorchend begab sich die mittlerweile beträchtlich gewachsene Menge in die Grosse Halle. Und da war er – kleidungstechnisch seinem Namen gerecht werdend – Ariel Pink. «I want to get married tonight, conceive a child. Who wants my Swiss child?»

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Das Konzert begann. Seinen Heirats-Kinderzeugungs-Gag zog Ariel jedoch nicht wirklich weiter. Die Publikumsbindung fehlte. Ob dies an den teilweise etwas krumm gespielten Instrumentaleinheiten lag oder einigen der relativ schwere und nicht immer harmonisch klingende Glam-Rock doch zu wenig entsprach – der Saal schien von Lied zu Lied leerer zu werden. Mit dem schrumpfenden Publikum fielen auch Stück für Stück Ariels Hüllen, so dass die übriggebliebenen Zuschauer in den Genuss zweier halbnackt herumhüpfender Bühnengenossen kamen. Inwiefern diese Art von Selbstdarstellung das Musikalische unterstreichen oder auf irgendeine exhibitionistische Art kunstvoll sein sollte, erschloss sich nicht ganz. Dennoch schien niemand allzu stark verblüfft zu sein über das Gesehene – Ariel halt. Als zum Schluss die beiden eher milderen Tracks auf pom pom – «Picture Me Gone» und «Dayzed Inn Daydreams» – zum Besten gegeben wurden, kam dann doch noch die Art von Stimmung auf, die ich beim Hören von Ariels Musik so mag – ein Gefühl von Wanderlust, mit dem Auto den Highway runterfahren, der abendlichen Sonne entgegen ... Kurz darauf war der Auftritt jedoch vorbei und Ariel wieder eingekleidet. Geheiratet wurde nicht.

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Dafür aber getanzt. Nein, es war nicht etwa ein DJ, der die Tanzfläche zum Glühen brachte, sondern das Zürcher Theaterensemble Extraleben. Während ihrer dreiviertelstündigen Performance «A Lovely Piece Of Shit» zündete das Quartett, zusammen mit ihrem Raumschiff, die Tanzbeine des Publikums. Zuvor mimte Dimitri Stapfer, sehr lebhaft, in einer kurzen One-Man-Einlage die Entstehung des Lebens – von der ersten Zelle, bis hin zum Selbstverwirklichungsdrang der heutigen Zeit. Das Wummerland als Ort, wo man sich verlieren und vergessen kann, wo es Einhörner gibt, und Glitzer. Genau dahin führte die Reise letztendlich. Die Tanzfläche, als Hauptort ebendieses Landes, füllte sich rasant mit goldenen Fahnen und glitzernden Menschen – sie war eröffnet. Geschlossen wurde sie von niemand Geringerem als jenen, die sie entflammten. Mit einer letzten Performanceeinlage des Ensembles verabschiedete sich der Südpol für diese Saison. Was bleibt, sind hartnäckige Glitzerreste.

Das Haus bleibt bis zur Saisoneröffnung am 11. September 2015 geschlossen. Das Bistro ist noch bis am 4. Juli in Betrieb und öffnet am 16. August wieder.