Maxïmo Park im Schlafzimmer – Paul Smith in der Bar 59

Ein verheissungsvoller Dienstag stand in der Bar 59 an: Paul Smith und Gravenhurst (beide aus England) am selben Abend auf der Bühne. Als lokaler Support wartete Weekend Phantom auf. Smith war aber bei weitem nicht so überzeugend wie mit seiner Band Maxïmo Park.

Es war an den Luzernern Weekend Phantom (ehemals Fast Forest) den Abend zu eröffnen. Das junge Trio um Sänger und Gitarrist Markus Aregger bringt angenehm entschlackten, erfrischenden und klug arrangierten Rock auf die Bühne. Souverän bereiteten Drum und Bass den Boden, auf dem sich die melodiösen Gesangs- und Gitarrenparts ausbreiteten. Die Frage war ja erlaubt, ob an einem Werkdienstag ein Vor-Support wirklich nötig ist – doch die Frage erübrigte sich angesichts dieser äusserst sympathischen Überraschung. Starker Auftritt. Gravenhurst, seinetwegen ist anscheinend ein beträchtlicher Teil der Gästeschar erschienen. Nick Talbot aus Bristol stand alleine mit der Gitarre auf der Bühne – sein Aussehen leicht nerdig mit Brille und Mütze. Es wurde so andächtig leise, dass die quietschende Tür, die Musik aus dem Vorraum und die (logischerweise nicht zu vermeidenden) Geschäftigkeiten hinter der Bar zwangsläufig als störend empfunden wurde. Es hätte ein wunderbar intimes Konzert werden können, um einzutauchen in die sphärischen, zerbrechlichen Songs von Gravenhurst. Doch einige zogen es vor, konstant zu reden. Das war nicht nur schade, sondern schlicht primitiv. Anders kann man es nicht ausdrücken, wenn man nach dem x-ten «Pssst!» aus dem Publikum und einer wohlformulierten Bitte des Musikers (britische Höflichkeit!), leise zu sein oder dann den Raum zu verlassen, keine Anstalten macht. Es war Talbot hoch anzurechnen, dass er unbeirrt weiterspielte und dabei nicht mal seinen Humor verlor: Er stellte seine Gitarre vor wie sein Schosshündchen und bot an, an seiner Rotweinflasche zu partizipieren. Sicherlich verlor sich Gravenhurst dann und wann etwas in den Längen und der Monotonie der äusserst sparsamen Songs und wirkte etwas fehl am Platz zwischen den Jungspunden von Weekend Phantom und dem exzentrischen Paul Smith. Es gibt passendere Gelegenheiten, dem Melancholiker Gravenhurst zu lauschen – vielleicht zu Hause.

Es war schon Mitternacht, als Paul Smith die recht zahlreichen Gäste begrüsste. Wie man ihn kennt: Mit seinem unverkennbaren Hut und einer vereinnahmenden Sympathie. Man muss wohl schon Smith heissen, wenn man sogar anfängliche Gitarrenpannen so zu nutzen weiss, dass man spontane Klatscher aus dem Publikum erntet. Nach vier guten bis grandiosen Maxïmo-Park-Alben hat der Mann aus Newcastle kürzlich sein Solodebüt «Margins» veröffentlicht. Natürlich hat das bei solchen Angelegenheiten immer etwas den Beigeschmack von Zweitverwertung von Restsongs, die es nicht auf die Alben der Band schafften – das sei mal dahingestellt. «Die sympathische Ästhetik einer Schlafzimmerproduktion» hörte das Magazin «Spex» im Album und schwärmte von «Liedern von zeitloser Schönheit, deren Halbwertszeit, die der Songs seiner etablierten Hauptband bei weitem übersteigen dürfte.» Andere Kritiken waren weit zurückhaltender. Während es bei Maxïmo Park so sympathisch-aggressiv hüpft und zuckt, sind die Songs von «Margins» nach innen gerichtet, sparsamer einstudiert und aufgeräumter – begleitet von Gitarre, Bass und Schlagzeug. Unverkennbar bleibt die charismatische, grandiose Stimme des Briten – und seine ansteckend gute Laune. Da hatte es Songs darunter, die ordentlich rockten, mit den für Smith typischen guten Melodien und rhythmisierten Textpassagen. Andere waren wiederum mit kaum Rhythmus unterlegt und wurden von der Stimme getragen. Letztlich blieb ein leicht schwammiger Eindruck und man wusste nicht so recht, wohin Smith mit seinem Soloprojekt will – vielleicht hätte er seine Songs noch konsequenter und radikaler reduzieren sollen. Oder dann gleich mit Maxïmo Park kommen. [youtube]http://www.youtube.com/watch?v=IuFLtGMQ1eg[/youtube]