Manche mögens halt einfach heisser

Musicals? Wer tut sich das denn noch an? Ich und einige mehr waren gestern Gäste der Dernière von Jule Stynes Musical «Sugar – Manche mögens heiss» im Luzerner Theater. Zu erwarten, dass in Musicals nicht gesungen und getanzt werden würde, wäre pure Verdrängung. Doch man kann dann nur noch hoffen, dass es wenigstens gut gemacht werden würde. Diese Hoffnung erfüllte sich nur am Rande. Gelacht haben wir trotzdem. Wenn nicht gar deswegen.

(Von Von Nina Laky)

Die Komödie aus dem Jahr 1959 ist eine Legende. Marylin Monroe sang als Sugar Kane ihr allzeitbekanntes «I Wanna Be Loved By You», Tony Curtis und Jack Lemmon sahen in Frauenkleider als Josephine und Daphne genauso entzückend aus wie als Joe und Jerry. Der Film von Billy Wilder feierte grosse Erfolge, wenn auch «Some Like It Hot» keinen der sechs Oscars mit Hause nehmen konnte für den der Film nominiert war, «Ben Hur» und «Tagebuch der Anne Frank» hatten Vorrang. An sich ein bahnbrechender Film mit wunderbaren Kostümen, guter Musik und ausgefeilten Charakteren, der zwischen Chicago und Miami spielt, während Bandenkriegen, Korruption und Alkoholprohobition die Staaten langsam aber sicher auffrassen. [youtube]http://www.youtube.com/watch?v=k812fxnpLAM[/youtube] Die Inszinierung des Musicals aus den 70ern von Jules Styne machte auch Halt im Luzerner Theater. Die letzte Aufführung war gut besucht, von – meines Erstaunens – auch sehr vielen jungen Menschen. Transvestie in Zeiten der Metrosexualität – wohl ein grosses Thema. Das Produktionsteam unter Stephan Hodel (Musikalische Leitung), Markus Voellenklee (Inszenierung), Momme Röhrbein (Bühne), Angelika Rieck (Kostüme), Darie Cardyn (Choreografie) und Caroline Weber (Dramaturgie) nahmen einen mit auf eine Reise von Chicago nach Miami im Jahre 1929. Sven Sorring und Manuel Kühne mimten die beiden Musiker Joe und Jerry, welche mit ihrem Kontrabass und Saxophon irgendwo herumdümpeln. Die beiden Pechvögel werden in einer dunklen Garage Zeugen eines Massenmordes. Ab dann beginnt eine Odyssee durch Frauentoiletten und getrennte Schlafwagons. Joe und Jerry werden zu Daphne und Josephine und schliessen sich der Frauenkapelle an, um die Flucht nach Miami zu ergreifen. Das Ganze unter der Leitung der herrischen und im Theater viel zu männlich gespielter Sweet Sue und ihres Beinstocks, der liebe Übervater der Frauentruppe. Der Anfang des Stücks versprach viel Glitzer und Glamour. Die swingende Band und die singende Sue spielten ihr Spiel ziemlich rasch. Wäre dieses Stück ein Stück Fleisch gewesen, wäre es rare gebraten, also halb fertig und zäh. Die Sangeskünste der Sue liessen zu Wünschen übrig, obwohl sie als einzige wusste, ihren grazilen Körper richtig einzusetzten. Das Tanzen der Nebenrollen sah halb so schön aus wie die Kostüme. Aus den Kostümen hingegen hätt man noch viel machen können. Daphne und Josephine waren in schreckliche Säcke von Kleidern gehüllt, was aber wahrscheinlich so ihr Andersein untermalte. Doch kamen sie mit ihrem Spiel den Rollen näher, näher jedenfalls, als das Bühnenbild der damaligen Zeit. Transvestiten waren sie wegen des fehlenden Glamours aber noch lange nicht. Im Zug nach Miami wurde man aber genügend unterhalten und abgelenkt. Die Sprüche waren für allemal nicht schlecht. Dem Publikum gefiels und die Stimmung überschwappte auch auf jene, die vom Spiel zu Anfängen enttäuscht waren.

Millionärs-Hitler

In Miami angekommen ist die ganze Frauenkappelle drauf und dran, die dort ansässigen Millionäre zu angeln. Der eine Sir Osgood Fielding III, ein Millionärs-Hitler, wurde als verkappter, alter Grüsel treffend gespielt. Nun wurde man Zeuge einer Geschichte, die das Theater verkompliziert. Osgood umschwärmt die arme Daphne, Joesphine hingegen verliebt sich in den Star der Kapelle, in Sugar. Beziehungsweise er/sie wickelt die naive und dümmliche Sugar um den Finger, indem er/sie sich als Millionär ausgibt. Sugar schmelzt dahin, für meinen Geschmack jedoch auf eine übertriebene und zu kindliche Art. Wie das Ganze ausgeht, kann man sich jetzt in etwa vorstellen. Daphne muss Osgood mit einem Tango ablenken, so dass Josephine (jetzt neu in der Rolle des russischen Millionären) sich mit Sugar auf seine Yacht verziehen kann. Somit entsteht eine gewollt ungewollte Liebesgeschichte, untermalt mit dem einen oder anderen treffenden Witz. Mit Leidenschaft hatte es aber dann sichtlich wenig zu tun. Zu übertrieben die Schauspielerei der Nebenrollen und Sugar, zu unpräzise der Tanz. Mehr Hitze hätte es allemal vertragen. Schliesslich flüchten die beiden nicht nur von den Ganoven, die sie bis auf Miami verfolgt haben, sondern auch von der Frauenkappelle. Nachdem Joe seiner Sugar die ganze Wahrheit gestanden hat, hüpfen die beiden aufs Boot – entschuldigung – Yacht von Osgood und Daphne, die mittlerweile verlobt sind. Während Sugar ihren Millionären bereits entlarvt hat, steht das Geständnis von Daphne zu ihrem Millionär noch aus. Der Schlusswitz, eine pure Persiflage an die amerikanische Elite. [youtube]http://www.youtube.com/watch?v=eLW5jzHsW7c&feature=related[/youtube] «Sugar - Manche mögens heiss» brachte das Publikum zum Lachen, etwas, das bei allem Ernste der heutigen Stücke machmal ein wenig zu kurz kommt. Die Vorstellung war die letzte, doch der Film lebt auf digitalen Datenträgern gottseidank für eine Zeit lang noch weiter.