Magie im Pool

Neubad, Luzern, 08.03.2019: Ein Pool, zwei Schauspieler*innen, Schwimmnudeln und Sandwiches. «Wie Grossvater schwimmen lernte» ist ein humorvolles, geschickt arrangiertes Stück übers Erwachsenwerden, über Freundschaft und Verlust. Für Gross und Klein.

Bilder: Ingo Hoehn

Zeit, loszulassen. Das Hallenbad wird abgerissen. Nach 20 Jahren gemeinsamer Arbeit als Schwimmlehrer*in bleiben Sophia (Julia Schmidt) und Oskar (Ingo Ospelt) nur noch wenige Stunden. Und diese teilen sie mit den Zuschauer*innen, die gekommen sind, um noch ein paar letzte Tipps und Tricks der Ex-Weltmeisterin im Langstreckenkraul mitzunehmen. Sophia präsentiert das Schwimmbrett, rudert wild mit den Armen und erzählt dabei aufgeregt und mit hochrotem Kopf von der «Turbinen-» und «Saugtechnik», davon, wie sie es als Schwimmerin bis ganz nach oben geschafft hat ... Bis Oskar, der zu ihrem Verdruss gerade Sandwiches verdrückt, sie bittet, doch ganz von vorne anzufangen.

So beginnt «Wie Grossvater schwimmen lernte». Inszeniert von Sophie Stierle, knüpft das Kinderstück  an das gleichnamige Bilderbuch von Viola Rohner an, die auch den Text für dieses Stück verfasst hat.

Grossvater im Pool

Um die Zeit zurückzudrehen, malt Sophia den Beginn ihrer Geschichte an die Wand des Hallenbads und kleidet sie in Worte. Türen, Kostüme sowie Lichtveränderungen sorgen für fliessende, aber klare Wechsel zwischen den Zeiten, in denen die Handlung stattfindet. Die Bilderbuch-Geschichte wurde geschickt in das Stück eingebettet und ausgeschmückt.
Während Julia Schmidt von der kleinen, quirligen Sophietta über die Leistungssportlerin bis hin zur Schwimmlehrerin Sophia springt, verkörpert Ingo Ospelt nicht nur Oskar, sondern auch Grossvater, Trainer und Paparazzi. Dies verleiht dem Stück eine ganz persönliche Note.

Sophia, am Ende ihrer Karriere und 20 Jahre später

Der Höhepunkt bietet das Ende von Sophias Karriere: An einem Wettkampf gelingt ihr die Rollwende nicht, sie sinkt ab, sieht tanzende Lichter; der Neubad-Pool scheint für einen Moment lang tatsächlich wieder mit Wasser gefüllt zu sein. Sophias Gefühle und Eindrücke werden so lebendig beschrieben, dass sich die eigenen Bilder im Kopf mit denen, sie sich vor einem bieten, vermischen. So entsteht magisches Bühnenbild.

Ihre Karriere ist vorbei und damit auch das tägliche «Essen, Schlafen, Schwimmen, Essen, Schwimmen…». Mit Oskar, ihrem neugewonnenen Freund, unterrichtet sie 20 Jahre lang Nachwuchstalente in der Schwimmhalle. Und selbst als sie gehen müssen, halten sie noch zusammen.

Einsamkeit, Leistungsdruck, Freundschaft und Tod werden durch die Augen eines lebensfreudigen Mädchens auf sehr schöne, humorvolle Art und Weise verhandelt. Vor allem Julia Schmidt und Ingo Ospelt, aber auch das Neubad als Veranstaltungsort verleihen dem Stück Authentizität. «Wie Grossvater schwimmen lernte» ist deshalb allen wärmstes zu empfehlen – es entlässt einen nachdenklich und beglückt zugleich aus dem alten Hallenbad. Vielleicht so, wie Sophia und Oskar es gerade getan haben.

Regie: Sophie Stierle
Spiel: Julia Schmidt, Ingo Ospelt
Text: Viola Rohner; Musik: Christov Rolla; Kostüm und Ausstattung: Nina Steinemann; Lichtkonzept: Michael Eigenmann; Technik: Alexander Karl; Produktionsleitung: Sophie Stierle und Bureau Substrat

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