Das Buch ist übersichtlich in acht Kapitel aufgeteilt, die sich alle den drängenden Menschheitsfragen widmen: «Mensch & Gesellschaft», «Konsum & Wirtschaft», «Leib & Seele», «Liebe & Triebe», «Sprache & Sinn», «Kunst & Kitsch», «Multi & Media», «Fauna & Flora». Da sind zuvorderst einmal Texte, die schon mal in der Manier von Konkreter Poesie auch optisch besonders daherkommen, da sind aber auch Illustrationen vom gebürtigen Freiburger Simon Chen, der es nicht an die Kunsti geschafft hat. Dafür an die Schauspielschule zur Berliner Existenz des freien Schauspielers, wobei «frei» vor allem hiess: «frei von Arbeit» (Chen). Heute ist er in Zürich zuhause und in Wortdingen tätig. Da nützt ihm die Schauspielausbildung freilich: Simon Chen liest tadellos. Es darf zwischendurch auch Berndeutsch sein. Die Müsterchen, dies gibt, stammen aus dem Buch. Oder aber wurden erst kürzlich verfasst und werden im Programm so einigermassen exklusiv vorgetragen. Alles steht unter dem treffenden Motto «Luege, lose, läse». Unter den Materialien zu Abwechslung gar ein Film (kurz). Da wird also erzählt von der «Ersten Klasse» (schulisch und gesellschaftlich bzw. SBB-isch), von «Klagen auf hohem Niveau», Chen gibt Tipps gegen die Winterdepression, berichtet vom tragischen Helden namens Felix mit seinen Käsefüssen, er gibt eine Beizenstammtischtirade zum Besten gegen den überschätzten Mani Matter, oder ein Text nimmt den Buchtitel auf: Tragisch-Komisches zum Shushi-Röschti-Graben. Beim interaktiven Teil darf das Publikum wünschen: eine Seitenzahl, und prompt kommt der entsprechende Buchbeitrag. Simon Chen weiss aus eigener Erfahrung das Los der Vaterschaft zu preisen und blättert eindrücklich und böse im «Pflichtenheft des Topmanagers». Spoken Word mit multimedialer Extension: Simon Chen praktiziert es munter, mitunter rasant, unterhaltsam, amüsant, anregend. Drei Müsterchen noch aus dem Buch: «Wenn Gott wüsste, was Atheisten über ihn reden, würde er sich im Grabe umdrehen.» «Wer im World Wide Web nicht erscheint, existiert nur in Wirklichkeit.» «Darf ein Neonazi, um seine Gesinnung zu verbergen, ein Kopftuch tragen?»
Simon Chen: Sushi Casanova. Wortschätze und Fundstücke, Buch + CD, Edition Porro, 2013
