Live, laut und durstig! – Luzern feiert eine neue Brauerei

Mit Hasli-Bier aus einer Langenthaler Kleinbrauerei, Bratwürsten, Brezel sowie Leckerbissen aus der hiesigen Musikszene feierte die Brauerei Luzern AG gestern eine Benefizveranstaltung in eigener Sache. Die Kleinbrauerei hat grosses vor: Sie will der an Heineken verkauften Eichhof-Brauerei den ersten Rang als DAS Luzernerbier ablaufen. Das erste Bier wird voraussichtlich im kommenden Januar produziert. Die Stimmung war prächtig. Aktien sind hier erwerbbar.

Sam Pirelli hatte einen schweren Stand. Er als selbsternannter Nachtvogel musste nachmittags um halb drei vor einem mehrheitlich grauen Publikum eröffnen. Jedoch tat er dies wie erwartet äusserst charmant und bravourös. Höhepunkt war sein einziger in Mundart gesungener Song, den er einst als Strassenmusiker für die Liebe seines Lebens geschrieben hat. Leider zerbrach diese, wie alle Lieben zerbrechen. Darum gibt es auf der Welt so viele Beizen. Als Jotta mit ihrem Set begannen, war der zukünftige Brauiraum an der Bürgenstrasse 16 für den frühen Nachmittag bereits gut gefüllt. Auch die Verkaterten hatten sich eingefunden und zischten ihre ersten Bierchen. Übrigens unbedingt mal probieren, das Hasli Bräu. Ein wahrer Hochgenuss der Bierkunst. Alles, was ich mich über Jotta kundig machen konnte, war, dass sie eines ihrer ersten Konzerte spielten und verdammt noch mal rocken, die beiden! Kopflastiger wurde es mit dem Traffic Jam Duo. Ein Bass und ein Piano variierten ältere und neuere Jazzklassiker. Technisch auf hohem Niveau, spannend, doch irgendwie zu intellektuell für ein Bierfest. Anders bei Alejandro Jiménez, der seinen Gesang selbst mit Gitarre UND Schlagzeug begleitete. Der hatte zwar auch (teilweise) tiefgründige Texte, doch die dumpfe Melancholie seiner Songs verschmolz wunderschön mit der (mittlerweile doch etwas) bierseeligen Stimmung im Publikum. Dasselbe gilt auch für Tizzy mit seiner Einmannband One Lucky Sperm, der einen gewohnt soliden Gig (Kulturteil berichtete), mit einigen neuen Songs im Programm, ablieferte. Den Abschluss in der Bürgenstrasse machte Philippe Burell im Duo mit seiner weiblichen Begleiterin. Hab ich mich früher auch mal ab seinem Solozeugs gelangweilt (Kulturteil berichtete), fand ich's heute prima. Etwas rocken, etwas experimentieren, da noch ein Schuss Pop et voila! – ein würdiger Abschluss für einen Nachmittag, der sich vor Allem durch Höhen auszeichnete. (Ach ja, von Jiménez & Pirelli dürfen wir in den nächsten Monaten neue Outputs erwarten.... «freu»!) Weiter ging's dann einiges später, als der Himmel über Luzern schon am nachten war, in der Jazzkantine mit den Elektropoppern von Kunz und Knobel, die sich diesmal wieder höchstpersönlich die Ehre gaben (Kulturteil berichtete). In Mezgerjacken eingehüllt, brachten sie das Publikum mit Laptop, Stimme und eingängigen Melodien zum Kochen. Die darauf folgenden Morlocks («hört auf zu beten & randaliert!») waren abartig wie eh und je und sichtlich ordentlich angeheitert. (Will man unbestätigten Gerüchten Glauben schenken, riefen sie bereits nachmittags um halb vier in die Braui an, wo denn das Bier bliebe – ja auch in der Jazzkantine gab's am Abend exklusiv Hasli Bräu. Ach ja, die Herren von den Morlocks spielten um zirka halb zwölf.) Was sie boten, DAS war wahrer Punk. Perfekt zelebrierter Dilletantismus. Oder mit den Worten ihres Sängers M.C. Graeff: «Wir sind hässlich und beherrschen unsere  Instrumente nicht. Deshalb spielen wir nur noch auf Benefizveranstaltungen.» Dass sie's sehr wohl virtuos könnten, zeigten sie in einer furiosen Version von «Sympathy for the Devil». Leider fehlte – oder ich verpasste den Song – «der Tag als Dieter Bohlen starb», was mich ein wenig bedrückte. Doch was will man? Wenn's sonst nix ist... Übrigens: Die Bands spielten allesamt gratis. Der Erlös aus dem Bierverkauf geht ausschliesslich an die Brauerei Luzern. Wünschen wir ihnen alles Gute und hoffen, dass wir bald wieder ein autarkes Lokalbier haben! Prost!