Live-Electro-Lehrstück

Schüür, 28.3.2015: Während in Zürich das m4music-Festival seine Endrunde anging, zeigten Pablo Nouvelle und Pandour in Luzern ein Lehrstück des Live-Electros. Zwei völlig verschiedene Ansätze mit ordentlich Potenzial, zwischen Trip und Tanz.

(Von Stoph Ruckli (Text & Bilder), Fake Moustache Brothers (Bild oben links))

Wolfman, Gaia, Larytta, Jeans for Jesus oder eben Pandour und Pablo Nouvelle: Live-Electro hat in der jüngsten Vergangenheit einige spannende Schweizer Formationen hervorgebracht, wobei die Eingangsnamen nur einen hochkarätigen Auszug repräsentieren. Der Definitionsradius ist relativ schwammig, aber eines haben alle Bands gemeinsam: Die Kombination aus Synthesizern, Computerelementen und Instrumenten. Besonders spannend ist, wie die jeweiligen Formationen ihre Musik umsetzen. Computer & Co. bieten unzählige Möglichkeiten, welche den Grenzbereich des Fassbaren ins Unendliche steigern. Präzise ausgeführt ergibt sich fast immer folgendes Resultat: Tanz. Trip. Trance.

Pandour

Pandour aus Fribourg gehören der trippigen Fraktion an. Sie weben ein Muster aus repetitiven Beats, Loops und Samples: Drummaschine, Synthesizer und Computer dienen für diesen Zweck. Als weiteres Element kommen zwei Gitarren hinzu. Deren Aufgabe ist einerseits eine rhythmische Erweiterung, andererseits geben sie zusätzlich Flächen hinzu. Das funktioniert gut: Bad-Bonn-Kilbi- sowie B-Sides-Auftritte dienen als 1A-Qualitätssiegel. Innert kürzester Zeit füllte der daraus resultierende, sehr kuhle Groove-Sound denn auch die Ränge – dank sei den Fake Moustache Brothers, die mit ihrem Namen erneut ein grosses, junges Publikum angezogen haben. Toll! [youtube YeqfLRVSmqU nolink] Zurückhaltung war kaum vorhanden. Es wurde getanzt, geschunkelt, gegroovt. Hierbei zeigte sich aber auch ein Problem bei der Musik des Fribourger Quartetts. Den Songs fehlte es an Höhepunkten. Die Musik war stets sehr «low». Mal eine knallende Snare hätte man gerne gehört. Durch die flächigen, mantraartigen Trips schwand so bei einigen Besuchern schnell die Konzentration. Das Geschwätz war stellenweise sehr laut, gar wurde beobachtet, wie sich zwei Mädchen Schuhe auf dem iPhone zeigten. Dosenbach statt Disco? Bitte nicht! Unabhängig davon ein starker Gig einer tollen Band. Würde da Pablo Nouvelle mithalten können?

PabloNouvelle

Und wie! Trotzig-temperamentvoll liessen der Produzent und seine hervorragenden Mitmusiker ein pumpendes, schnaufendes Discoungetüm auf das Publikum los. Hierbei wird noch traditioneller gearbeitet: Schlagzeug und Gitarre/Bass behalten ihre rhythmische Funktion, Drumpad und Akai MPC Renaissance feuern Samples ab, Synthesizer sorgen für Flächen. Die ruhigen, sphärischen Songs wurden an diesem Abend grösstenteils im Kasten gelassen. Tanz war Trumpf! Kombiniert mit Till Duddas vorzüglicher Abmischung sowie Haustechniker Tom Kuhn am Lichtpult ergab das eine richtig dicke Show mit internationalem Flair. [youtube 2GQjOfoRh5s nolink] Für dieses sorgten auch Simon Bohrer (g/b) sowie Mario Hänni (dr). Die beiden Musiker strotzen nur so vor Talent, mit einzigartig-schönen Stimmen und instrumentalen Fähigkeiten, von denen sogar Dozenten der hiesigen Jazzschule schwärmen. Glatt könnte man meinen, die beiden würden ihrem eigentlichen Frontmann ein wenig die Show stehlen. Das Gegenteil ist aber der Fall. Pablo Nouvelle alias Fabio Friedli schafft es, die Talente seiner Musiker hervorragend zur Geltung zu bringen, ohne sich selbst verkrampft in den Vordergrund drücken zu müssen. Beispielhaft! Das Trio erschien so organisch und als Einheit. Ein zusätzliches Geschenk also für Musikgourmets unter den Partymäusen. Es spielte eine sehr gut eingespielte Band ein richtig gutes Konzert mit vielen neuen Songs, die gefielen; eindeutig der bisher beste Pablo-Nouvelle-Gig in Luzern. So macht Live-Electro Spass. Disco, Disco, good, good!