Kunst und Orgel am Vorabend des Rütlischwurs

Teiggi Kriens/Hofkirche Luzern, 31.07.2015: Mit Kunst am Bau und Volksmusik in der Kirche wurde auf den Nationalfeiertag eingestimmt. Das Konzert in der Hofkirche war gleichzeitig das Eröffnungskonzert des Orgelsommers 2015.

Zwei kulturelle Beiträge unterschiedlicher Gattung setzten sich mit dem 1. August auseinander. Beide boten Umtrunk und Unterhaltung, beide waren auf ihre Art subversiv und ein bisschen ironisch. Der Abend begann auf dem Teiggi-Areal in Kriens. Dieses wird noch bis Juli 2016 von Kulturschaffenden zwischengenutzt, ehe es durch eine neue Überbauung der Baugenossenschaft Wohnwerk ersetzt wird. Die Künstler Franziska Schnell und Alex Born haben einen der Türme der ehemaligen Teigwarenfabrik mit einem Zitat von Karl Valentin versehen: «Fremd ist der Fremde nur in der Fremde» liest sich dort jetzt in königsblauen Lettern. Die letzte Woche haben die beiden damit verbracht, das Ziegeldach mit einem provisorischen Holzgerüst zu versehen und mit einem Lot die Position des Schriftzugs zu eruieren, um schliesslich den Satz an die Wand zu pinseln. Die Schwindelfreiheit der beiden hat sich gelohnt: Das Gerüst ist abgebaut, die Farbe getrocknet und es scheint, als hätte der Satz schon immer an der Fassade gestanden.

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Der Inhalt des Spruchs ist auf mehrere Arten aktuell: Er betitelt zum einen die Situation vieler Kunstschaffender im Allgemeinen. Man hangelt sich von Zwischennutzung zu Zwischennutzung und findet seine Inhalte und Messages oftmals eben gerade im Blick auf das Fremde. Zum anderen impliziert er – in Zusammenhang mit dem 1. August – natürlich auch die aktuelle Flüchtlings- und Asylthematik. Wie schön, dass das Krienser Gemeindehaus gleich gegenüber steht! Der spontane Apéro war dann ein unterhaltsames Treffen unter Künstlern und Freunden, der Teiggi-Hof wurde zum Pausen- und Spielplatz für Begegnungen aller Art, und das ist sehr gut so.

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Weiter ging es dann in der Hofkirche, wo Hoforganist Wolfgang Sieber zum nunmehr fünfunddreissigsten Mal ein «Volkstümliches Konzert zum Nationalfeiertag» veranstaltete. Ein Gipfeltreffen mit Organist, Fahnenschwingern und Volksmusikgrössen. Angenehmer Patriotismus und Lokalkolorit erfüllten das voll besetzte Kirchenschiff. Alp- und Waldhörner spielten vom Altar und der Empore, das Familienchörli Wismer jodelte wie aus dem Märchenbuch (vier Schwestern und deren Mutter in wunderschönen Trachten – ihr «Guggisberg-Lied» liess einen schaudern, so schön war das). Sieber orgelte augenzwinkernd wie eh und je und einen weiteren Höhepunkt bildete die Chäppelimusig Werthenstein: Ein Bass und zwei Schwyzerörgeli füllten die Kirche und Köpfe mit Urchigkeit.

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Toni Schwingruber, ehemaliger Luzerner Regierungsrat, spielte eines der Örgeli – und dichtete einen neuen Text zum Schweizerpsalm. Denn dieser wird traditionsgemäss am Ende des Konzerts gesungen – stehend! Sobald aus Siebers virtuoser Orgelüberleitung unsere Hymne erkennbar wurde, stand man auf und sang. Zwar kann man durchaus allergisch sein auf derartige gruppendynamische Vorgänge, aber irgendwie ist so ein Wir-Gefühl auch schön. Die Standing Ovation hielt sich auch für den anschliessenden Applaus. Einige Gäste nutzten die beiden Zugaben, um sich in Richtung Apéro auf dem Vorplatz der Kirche davon zu schleichen. Prosit und en guete! Zum Schluss eine der klingenden Zeilen aus Schwingrubers Psalmentext: «Freiheit darf nicht egoistisch sein, denn wir sind auf dieser Welt nicht allein.» Das passt doch irgendwie zu Valentin. Der Orgelsommer, dieses Jahr unter dem Motto „Mönche an der Orgel“, dauert noch bis zum 15. September 2015. Weitere Informationen unter unter diesem Link.