Knoxed out (pt. I)

Niklaus Troxlers letztes Jazzfestival hat begonnen. Zu Beginn war es sogar tanzbar.

Am Schluss geht der Blick zurück, muss er ja. Niklaus Troxler, der Knox, steht auf der Bühne seines letzten Jazz Festivals in Willisau und erzählt, wie ihn damals, in den frühen Siebzigern, der Jazz aus Afrika packte, wie ihn beispielsweise die Brotherhood of Breath spielte. Und wenn Troxler nun eine zwölfköpfige Band auf der Bühne versammelt, um die Stücke von Dudu Pukwana zu spielen, dann ist das ein Tribut an den legendären Saxofonisten der Brotherhood of Breath, aber ein bisschen auch ein Tribut an Niklaus Troxler, der dem afrikanischen Jazz in Willisau schon früh eine Bühne gegeben hat. Das ist nicht mehr als recht. Leider ist dann auch die Musik nicht mehr als recht. Die African Jazz Allstars (Bild) spielen zur Eröffnung des Jazzfestivals einen flott voran tuckernden Afrojazz, mit hübsch um die schönen Melodien gebüschelten Grooves, es gibt viele forsche, aber auch etwas banale Soli, und kaum je eine dringende Eruption. Natürlich, die meisten dieser Musiker befinden sich im gesetzten Alter, und es steht ihnen der Sinn nach Zelebration. Vergangenes wird nochmals aufgeführt, Leben fährt da aber nicht mehr hinein. Das Konzert ist wie eine traurige Kulisse aus Afrojazz-Klischees, vor denen die Melodien wippen wie eine etwas traurige Girlande. Und vor dieser Kulisse hebeln ein paar leibhaftige Willisaubesucher ihren schönsten Afrikatanz in die suburbane Festhallenatmosphäre. Auch nicht schlecht.

Nasheet Waits braucht dann zu Beginn des zweiten Konzerts ein paar Minuten, um in einem grollenden Schlagzeugsolo die Erinnerung an den eben verstummten Gedenkanlass von der Bühne zu fegen. Er wird mehr als eine Stunde lang diese Pace mehr oder weniger halten, bloss dass nun auch die anderen Cracks des Zimology Quartets einsteigen: William Parker am Stehbass, Matthew Shipp am Piano und Zim Ngqawana an Saxofon und Querflöte (Bild). Dieser Joint Venture zwischen Port Elizabeth, Südafrika, und New York funktioniert wie eine rasend drehende Zentrifuge, die vehementest Energie ausschleudert. Natürlich, der südafrikanisch behauchte Freejazz dieses Quartetts ist nicht weniger historisch, nicht weniger eine Konvention als der Postkartenjazz von vorhin. Aber in dieser hart pulsierenden Intensität, auf diesem spieltechnischen Niveau lässt man ihn sich dann doch sehr gern gefallen. Zwischen den rollenden Drums von Nasheet Waits, den kubistischen Klavierclustern von Matthew Shipp, der unglaublich variantenreichen Muskulösität von Williams Parkers Bass und den schreienden, atemlosen Soli von Zim Ngqawana spannt sich ein kompaktes Kraftfeld auf, in dem alle Vorbehalte und alle Historizismen unmittelbar versinken. Niklaus Troxler dürfte hinter der Bühne gestrahlt haben wie ein glücklicher Käfer. Aber tanzen, das konnte man zu dieser Musik nicht.

Das weitere Programm: www.jazzwillisau.ch