Junges Kino zum Zehnten

Kino Bourbaki, 22.11.2013: Nach einer zweijährigen Pause kehrt das Jungfilmfestival Upcoming Filmmakers zurück und feiert dabei gleich sein zehntes Jubiläum. Während zwei Abenden sind im Kino Bourbaki Kurzfilme von Filmschaffenden unter 30 Jahren zu sehen. Aber nicht nur die Filmemacher sind jung, auch für das Festivalteam gilt die 30-Jahre-Regel.

Die Organisation ist hervorragend: Ein vielseitiges Programm, ein schönes Programmheft, ein schöner Trailer, ein liebevoll dekoriertes Kinofoyer, eine beeindruckende Anzahl von Sponsoren, ein vielfältiges Programm, ein äusserst freundlicher Empfang und es gibt sogar eine Pressemappe. Aber am meisten freut mich sowieso, dass das Festival überhaupt wieder existiert. Das Programm umfasst kurze Animations- Spiel und Dokumentarfilme aller Art und reicht von ersten filmischen Fingerübungen über Abschlussarbeiten von Filmstudenten bis zu Erstlingsfilmen mit internationalem Potenzial. Die Inhalte drehen sich dabei - passend zum Anlass - oft um „jugendliche“ Themen. Es geht um Mädchen die aus Kinder- und Jugendheimen ausbrechen, Tätowierungen, elterliche Beziehungsprobleme, Coladosen, Fotoautomaten, Grossväter, junge Künstler, überbelastetes Servierpersonal und die Jungfräulichkeit. Im kurzen Animationsfilm Vigia erzählt Marcel Barelli eine Geschichte, die sein Grossvater für ihn erfunden hatte. Sie handelt von einer Biene, die beschliesst ihren Stock zu verlassen und einen angenehmeren Lebensort zu suchen, weil die Umgebung von Pestiziden und anderen giftigen Substanzen verschmutzt ist. Während aus dem Off die Kommentare des äusserst gewitzten Grossvaters Barelli zu vernehmen sind, sehen wir auf der Leinwand die Zeichnungen seines noch gewitzteren Enkels. „Soll das die Biene sein? Sie ist ein bisschen dick! Und was ist das da? Ah, diese hier ist gut.“ Die auserwählte Biene lacht selbstzufrieden von der Leinwand und entblösst ein mächtiges Gebiss. „Was, du hat ihr Zähne gegeben? Bienen haben doch keine Zähne!“ . Marcel Barelli gelingt es, ein liebevolles Porträt seines Grossvaters mit einer grossen Umweltproblematik zu verbinden und dabei erst noch das Publikum angenehm zu unterhalten.

In seinem Abschlussfilm Analoges Glück porträtiert Kevin Völkle den Erfinder und Betreiber des letzten analogen Passfoto-Automaten. Vor einigen Jahren noch stand an jeder Ecke ein solcher Automat, an Mittwochnachmittagen meist umvölkert von einer Gruppe kichernder Mädchen. Inzwischen sind sie alle eingestampft und durch neuere digitale Geräte ersetzt worden. Gemeinsam mit den Automaten wurde auch ihr Betreiber pensioniert. Geblieben ist der letzte Automat der noch vor seinem Haus steht, liebevoll gewartet vom letzten Mitarbeiter und rege besucht von kichernden Mädchen. Eine witzige und sorgfältig gemachte Dokumentation über ein Leben für die Fotoautomaten.

Im kurzen animierten Dokumentarfilm History of Virginity von Sophie Haller werden wir auf eine Reise durch die Jahrhunderte mitgenommen. Die absurde Reise beginnt in der Steinzeit, wo auf Jungfräulichkeit noch kein Wert gelegt wurde und auch noch gar nicht so klar war, woher die Kinder kommen. Doch schon bald beginnt das Theater: Eine Frau die nicht mehr jungfräulich war, galt als wertlos und so übertrumpften sich Ärzte, Wissenschaftler und Geistliche mit seltsamen Techniken, die Jungfräulichkeit einer Braut zu ermitteln. Der Mythos des Jungfernhäutchens hat sich gar bis heute gehalten. Die von einer Off-Stimme gesprochene Geschichte der Jungfräulichkeit wird mit wild zusammengewürfelten, äusserst pointierten und mit Zitaten aus der Film- und Kunstgeschichte um sich werfenden Animationen illustriert.

Viele der Filmemacher waren während den Screenings anwesend und beantworteten nach dem Film Fragen. So hatte das Publikum die Möglichkeit ein bisschen mehr darüber zu erfahren, wie und unter welchen Umständen die Filme produziert wurden. Etwas Abzug gibt es lediglich für die Moderatoren. Obwohl die beiden gut vorbereitet waren, wirkten die Ansagen etwas humorlos und steif und die Fragen zu den Filmen ein bisschen zu laienhaft. Meiner Meinung nach wäre es sinnvoll gewesen, jemanden zu engagieren, der sich mit Filmemachen besser auskennt und so besser einschätzen kann, welche Fragen von Interesse wären.