Jung gewinnt

Konzerthaus Schüür, Luzern, 10.01.2018: Die 16. Ausgabe des Kick-Ass-Awards bot klare Sieger, einschneidende Veränderungen und Regierungskritik.

Es begann wie die Nachrichten auf 3fach – nicht wahnsinnig pünktlich. Auch sonst verlief am 16. Kick-Ass-Award vieles wie in den Jahren zuvor. Die Luzerner Musikszene fand sich in der Schüür ein, um sich fleissig die Hände zu schütteln, sich zu herzen oder sich wenigstens möglichst offensichtlich zu ignorieren. Alte Hasen zwängten sich in hippe Outfits, um möglichst jung zu wirken und Jungspunde gaben sich möglichst Mühe, den alten Hasen zu mimen. Dennoch prallte da ganz schön viel Coolness aufeinander. Unter den hölzernen Dachbalken und um die Festbänke sitzend vermittelte die Luzerner Musikgemeinde ein Bild, als hätte das Vice-Magazin einen Lottoabend in einem Landgasthof organisiert.

Der Abend nahm in den Startminuten eine überraschende Wendung: Gleich zu Beginn der Show wurde das Ende der Zusammenarbeit des langjährigen Moderatorengespanns David Roth und Andreas Gantner bekannt gegeben. Die beiden galten als eine Art Cabaret Divertimento der Galaveranstaltung und haben den Kick-Ass-Award in den letzten Jahren stark geprägt. Gantner hat sich sogar auf die Titelseite von Blick am Abend und in das Herz von Ex-Miss-Schweiz Kerstin Cook moderiert. Doch diese Zeiten sind vorbei. Während sich Roth, ganz der Politiker, weiterhin an sein Amt klammert, zog sich Gantner zurück. Per Videoeinspieler erklärte er den Grund: Er habe zu Jesus gefunden. Ein Lebenswandel, der ihn aus dem Rennen nimmt. Denn das frevlerische Verhalten auf der Bühne lässt sich wahrlich nicht mit Gottes Gesetzen vereinbaren. Noch während Gantner sprach, widersetzte sich Roth dem Rauchverbot und steckte sich eine erste Zigarette an. Kurz darauf bekam er mit 3fach-Programmleiter Samuel Konrad einen neuen Partner zugewiesen.

Die rund dreistündige Show verlief meist recht kurzweilig, hatte aber dennoch Durchhänger. Für einen von ihnen sorgte die Zürcher Drag-Queen Milky Diamond, deren klischierter Auftritt eher an eine Karikatur ihrer selbst erinnerte. Genauso ersetzbar war der Preis, den sie übergeben sollte. Mit dem Playlist-Hero-Award wurde erstmal ein ausserkantonaler Act prämiert. Mit Multi-Instrumentalist Rio hat der Preis sicherlich einen geeigneten Abnehmer gefunden. Dennoch wirkt die Ehrung wie das Pendant zum «Best International Album» an den Swiss Music Awards – nicht sehr konzeptverträglich.

Keine hat dermassen abgeräumt wie Stadträtin Manuela Jost. Und das, obwohl sie überhaupt nicht für einen Preis nominiert war. Sie sollte bloss den Toro-Embolado-Award überreichen, der die grösste Verfehlung des Jahres symbolisiert. Wegen ihrem unrühmlichen Verhalten bei den letzten Hausbesetzungen wurden ihr von maskierten Exponenten der Hausbesetzerszene Geschenke überbracht, die sie künftig auf einen kooperativeren Weg lenken sollten, zum Beispiel ein Walkie-Talkie. Beim von Jost zu vergebenden Preis hat sich dann der Kronfavorit durchgesetzt. Regierungsrat Reto Wyss hat mit seinem Statement zu den kantonalen Sparmassnahmen der Konkurrenz keine Chance gelassen: «Der Lohn des Künstlers ist der Applaus.»

Nach dem politischen Block wurden zur Auflockerung Deutschrap-Tracks geraten. FCL-Spieler Marvin Schulz und Majordeal-Rapper Marash trennten sich mit einem Unentschieden. Eine klare Entscheidung traf dann aber die Jury, die das Album des Jahres zu bestimmen hatte. Ohne Widerrede ging der Award an a=f/m, die auf ihrem wunderbaren Erstling weit mehr auszudrücken vermögen, als sie das beim Siegergespräch auf der Schüür-Bühne taten. Weit extrovertierter stand kurz darauf The Youngest an selber Stelle. Der Rapper sicherte sich mit seinem Trap-Brett Tontonshit den Award für den besten Song des Jahres, der gleichzeitig mit 3000 Franken der höchstdotierte Preis ist. Sein Motto «Every Support is Important» scheint sich bei seinen Hörern genauso im Kopf festgesetzt zu haben wie sein Track. Denn deutlich über tausend der eingegangenen SMS-Votings gingen an den jüngsten Kick-Ass-Award-Sieger aller Zeiten.

youngest tonton