Innerschweizer Konventionalität

Freilichtspiele Luzern, 13.06.2015: Unter Livio Andreinas Regie wird im Tribschen «Das Luftschiff – Komödie einer Sommernacht» gegeben. Theater, Musik und Text verbinden sich zu einem leichtverträglichen Abend.

Das Stück über Franz Josef Bucher, einen Tourismus-Pionier, begleitet das Publikum munter aus der Zukunft in die Vergangenheit und zurück. Bucher stirbt in Kairo an einem Herzschlag und taucht doch in derselben Nacht wieder als Phantom auf. Dies führt zu neuen Hoffnungen und aufflammenden Ängsten. Da Bucher immer mehr Kredite aufgenommen hat, droht sein gesamtes Reich zusammenzustürzen; es fehlt eine zündende Idee, um wieder Höhenflüge zu ermöglichen. Da kommt das Luftschiff ins Spiel. Verschiedene überzeichnete Figuren führen durch das Stück und treiben die Handlung voran oder zumindest ins Komische. Die Luna Wiiber reisen mit uns kokettierend durch die Zeiten, Ali – der arme Ausländer – vereint alle Klischees und die Geiss Alfonsine (Osy Zimmermann) darf sich Anzüglichkeiten erlauben. Sie haben die Lacher gebucht und spielen toll. Wie immer gelingt der Mix aus Laien und Profis. Besonders der alte Sarg Schreiner Toni wächst mir ans Herz. Nicht zuletzt funktionieren die Charaktere so gut, weil die Kostümierung mit grosser Detailliebe und Sorgfalt ausgesucht wurde – Anna Maria Glaudmans hat hier vortreffliche Arbeit geleistet. Es fällt grundsätzlich auf, wie gut die verschiedenen Bereiche vereint wurden: Die Musik (von Albin Brun) unterstützt und begleitet das Theater, ist mehr als eine Begleitstimme, sondern vielmehr ein weiterer Spieler, der unsichtbar das Geschehen nachhaltig beeinflusst. Das Bühnenbild gibt feine Hinweise, verwandelt sich in ein Oberdeck – was wunderbar funktioniert, da die Bühne herausragt, und so plötzlich zu schweben scheint. Dieser Effekt wird vielfältig ausgenutzt: Plötzlich ragen Köpfe über die Ränder, das Phantom taucht auf oder Feuersäulen schiessen aus der Tiefe empor. Ansonsten wurden relativ wenig Effekte eingesetzt. Der Text ist den Spielern auf den Leib geschrieben - er wird sehr variantenreich, oft auch in chorischen Formen, angegangen. Nach dem letzten Freilichtspiel unter Volker Hesse, wo man sich an eine überraschende und bildgewaltige Inszenierung traute, hatte man sich dieses Jahr eher für leichtere Kost und mehr Konventionalität entschieden. Ein Kompromiss, der wohl nicht alle abholen kann. Das Stück ist manchmal scharf an der Grenze zum Schwank und Klamauk, dem letzten Drittel fehlt es sodann auch an Spannung. Verschiedene Anspielungen auf kantonale Eigenheiten, die Geiss Alfonsine mit Gummibrüsten sowie Jodelgesängen und ein paar Feuereffekte – es wirkt wie Zentralschweizer Konventionalität, gespickt mit gesuchter Komik (Jesus taucht auf!). Die Witze sind eher plump gehalten und können uns nicht vom Stuhl hauen, was auch die Handlung zu wenig wett macht. Es wirkt, als hätte man wieder etwas Ruhigeres gebraucht, etwas Schweizerisches und Bodenständiges, etwas, das nicht zu viel Unruhe stiften wird – das wird es auch bestimmt nicht.

Weitere Aufführungen bis am 15. Juli 2015. Text: Thomas Hürlimann Regie: Livio Andreina Ausstattung: Anna Maria Glaudemans Musik: Albin Brun Lichtdesign: Martin Brun Regie- und Bühnenbildassistenz: Noemi Hunkeler Choreografie: Lukas Schmocker