Im Bauch des Wals

Joyful Noise und Field Studies im Sedel. Ein Expeditionsbericht von Christoph Fellmann.

Es war ein kalter Winterabend, der erste der Saison. Auf dem Parkplatz erfroren zwischen abgestorbenen Fingern die Zigaretten. Jemand hisste die Flagge. Ein paar Entschlossene hatten den Sedel erreicht. Ihre Logbücher sind verschollen, hier also der einzige mögliche Bericht. «WAS WAR DAS!?! ein brummen hob an und ein tosen, und wir wurden verschluckt. bei lebendigem leib verzehrt und verdaut. im schwachen licht waren andere menschen zu erkennen, und wir folgten ihnen, denn sie waren, wie es schien, schon länger hier. Und wir sahen, dass es die haus- u. magenband hier war, und sie grummte, gurgelte und grollte eine musik, wie wir sie noch nie vernommen hatten. bässe schoben ganze meere vor sich her, und bald war es, als setze sich der raum in bewegung, als reisse er sich los zu einem gewaltigen drift. und wo wir vorbei kamen, gerieten die kontinente ins schwanken und zerfielen die bibliotheken. wir fassten uns an die herzen, und wir tanzten, nur, um stehen zu bleiben. wir verloren die fassung und wurden weg geschwemmt, durch weitere pumpende mägen, durch hart stampfende maschinenräume, schliesslich durch schlünde und offene mäuler hinaus ins plankton einzelner töne und in den resthall des urknalls. dann war es still ... ...und wir griffen nach dem holz, und das holz war ein ruder, und das ruder gehörte zu einem boot, und auf dem boot spielte eine musik, und die musik klang vertraut. Es gab rhythmen. es gab melodien. es gab gesang. DIE ERDE HATTE UNS WIEDER!!?? wir befanden uns auf einem boot. es war die ‹field studies›, die immer noch ihre verlorenen kinder suchte, aber nur einen anderen verwaisten fand ...» Hier bricht der Bericht ab. Und so sind diese Worte alles, was überliefert bleibt von diesem Samstagabend des 8. Oktober im hohen Norden der Stadt. Seltsam genug. Wir müssen aufgrund der Worte annehmen, dass der Berichtende sozusagen in extremis beschreibt, was er gerade erlebt hat, vielleicht noch auf der kleinen Jolle, die ihn aufgegriffen hat, noch halb befangen von den Bildern des Wahns. Der einzige zusätzliche Hinweis, der sich auf einem Zettel bei den Notizen fand, war eine Liste mit Namen: «Joyful Noise 24, feat. Dominik Blum (org, p), Daniel Sailer (b), Marc Lardon (bcl), Flo Götte (eb), Peter C. Zumthor (dr), Fredy Studer (dr). Danach: Field Studies.» Mehr Aufschluss wird die Untersuchung geben, die in diesem Fall eingeleitet worden ist. Erwarten Sie den Abschlussbericht in ca. dreizehn Jahren.