i know you got another jockey at home, let me be your rider till your real man comes. whip me baby, lie like a dog. i have no use for the truth!

ausgewählte musikerinnen und musiker aus der näheren und ferneren gegend gedenken eines der bedeutendsten (lebenden) us-singer-/songwriters, indem sie sich kundig, hingebungsvoll und live in seinem weitläufigen und ergiebigen werkkatalog bedienen. dies versprach zumindest die vorankündigung – wie es in der zwischenbühne gestern wirklich war (und heute nochmals sein wird), liest du hier.

ort: zwischenbühne, horw. zeit: 21 uhr. wetter: foggy nation. stimmung: konnte in gewissen momenten durchaus eruiert werden. leute: rain dogs, passing thru's, texas rangers, viel ü40er. mode: every night it`s just the same – rustikal bis independent. flirtfaktor: c`mon and lay to me, baby. zustand des kritikers: jockey full of bourbon.

a) alkohol, der. wird auch getrunken. faire preise, freundliches barteam, köstliches lokalgebräu.

b) bonjour madame. stell dir vor, du befindest dich im berlin der 20er-jahre. auf der bühne vor dir steht eine anziehende frau, mit feuriger ausstrahlung, verruchter stimme und einer unglaublich starken mimik/gestik. gekleidet in schwarz, blondes haar, hosenträger. aufgeladene atmosphäre. sie haucht ins mikrofon, dass wir alle als dreck im grab enden werden und dass sie tanzen will, bis es wehtut. die spannung wird unerträglich. eine nebulöse ahnung, dass sie sich einzig in wilder raserei entladen können wird. ein elektrisierender balanceakt zwischen erotik und abgrund. tom waits auf deutsch funktionert, wird hier bewiesen. es benötigt bloss die richtigen interpreten. innovativ. gut übersetzt. wow! («ich werd euch alles sagen, nur von früher lüge ich, und schickt mich nun zu bett für alle zeit»)

c) coffee & cigarettes, movie. die in cannes prämierte szene mit tom waits und iggy pop flimmert über die bildschirme. nice to see, doch leider hört und sieht man nicht viel davon, da die bildschirme klein sind, meine augen verschwommen und das publikum laut. als pausenbecher funktioniert's jedoch vögtisch.

d) das, zentralorchester der vereinigten betriebsfeuerwehrmusikanten. abartig, dreckig, blechig. als sänger ein in weiss gekleideter methodistenprediger. mindestens. tom traubert's blues. ein würdiger (beinahe-)abschluss. und jetzt alle: «waltzing matilda, waltzing matilda, you'll go a waltzing matilda with me…» – irgendein betrunkner hinter meinem rücken, der schon die ganze zeit mit geistreichen bemerkungen auf sich aufmerksam gemacht hat: «du, wo esch eigentlech mini mathilda zom walze?»

e) eitelkeit, coal. stellt gern sich selber in szene, verrenkt körper und gesichtsmuskeln zu emotionalen posen. wenns nicht so gesucht und gespielt rüber-, und dazu musikalisch etwas währschaftes rauskäme, wär's ganz ok.

f) fazit, das. und ich sah, dass es gut war. ich ziehe meinen hut vor den veranstaltern, die – mit einigen frappanten ausnahmen – ein sozusagen platinernes händchen für die zusammenstellung der bands hatten –moderation und splätterli sowieso!!! – und dem publikum einen abwechslungsreichen, reizerfüllten abend voller überraschungen bescherten.

g) gott. veraltetes, heute beinahe ungebräuchliches synonym mit zeremoniellem charakter und weihrauchgeruch für einen helden unserer zeit, thomas alan waits.

h) henry my son. entjungfert den abend musikalisch. andächtig bis belanglos. eigentlich zu zweit, muss der sänger aufgrund einer erkrankung des pianisten alleine auskommen und die songs am nachmittag vor dem auftritt auf der gitarre einstudieren.

i) internet, das. wird heute abend nicht benötigt.

j) jockey full of bourbon. auf dem album «rain dogs» vertreten und einer der meistgecoverten tom-waits-songs, heute abend deliziös umgesetzt von taxi, 7$ the.

k) krailing, tom. spielt und singt schön und ohne fehler, was bestimmt erquickend ist an einem pink-floyd-anlass. waits jedoch braucht – meiner meinung nach und bitte widersprecht mir, wenn ich einer illusion unterliege oder bloss zu puritanisch bin – entweder skurrilität oder dreck. am besten beides.

l) lads, moped. zuallererst ein eingeständnis meiner schande: ich hab diese band zuvor noch niemals live gesehen. zu viele worte über sie zu verlieren, bedeutete ihnen nicht gerecht zu werden. eins jedoch: sie kommen, trinken, rocken und konsternieren jene spiesser, welche tom waits notdürftig dank des eagels-covers von «ol' 55» kennen und small change für sein bestes album halten. köstlich. hey, ho, let's go!

m) marygold. spielen als zweite band. bescheren uns mit «16 shells from a thirty-ought six» einen ersten stimmungsmacher.

n) nite, tom waits. anlass, in der zwischenbühne horw, der am wochenende vom 16./17. januar 2009 an zwei aufeinander folgenden abenden mit identischem programm stattfindet. falls du am freitag nicht dabei gewesen bist, dann geh heute. anderfalls wirst du es dein ganzes leben bereuen.

o) oper, die. hat tommy auch geschrieben, zusammen mit dem cut-up-schriftsteller william seward burroughs – alphabeten aller länder, lest mehr burroughs! sie hört auf den namen «the black rider». der titelsong wurde von der pixies-nachfolgerband frank black & the catholics auf ihrem album «black letter day» gecovert.

p) prominenz, die. stefan klapproth sitzt im publikum. ansonsten der herkömmliche luzerner cervelat-filz aus künstlern, politikern, lehrern und journalisten. und selbstverständlich: from los angeles, california. the one and only: tom waits.

q) –

r) redoxreaktion, die. ist ein wort. wird vor allem in einem chemischen zusammenhang verwendet.

s) splätterlitheater, das. manifestiert sich als tom waits höchstpersönlich. bringt humorvoll-derb-abgründige storys, die auch vom meister himself stammen könnten. singt am ende des abends mit delikat brüchiger stimme eine halbplaybackversion von «dirt in the ground».

t) taxi, 7$ the. die letzte band vor der pause. tizzy begrüsst das publikum mit einem breiten texanischen akzent. darauf folgen die ersten klänge von «jockey full of bourbon», das von einem bloss mit gitarre begleiteten song in eine wilde orgie ausartet. christoph pfeifft. tizzy schreit. simon drescht drauf auf die felle und césar schwebt wie gewohnt, traumwandlerisch in fremden sphären. es ist zirkus, schlotterig und verrückt. tom waits, wie ein guter whiskey, pur, in reinform. ein erster, fulminanter höhepunkt!

u) uah, umgekehrt hau, der. prämierter musikjournalist. moderiert den anlass, versiert, ohne wünsche oder fragen offen zu lassen, dafür mit vielen attraktiven hintergrundinformationen. (u.a. wie viele songs hat der herr waits denn bis zum heutigen tag geschrieben, wie viele covers existieren von diesem und jenen song und von wem aber auch über die aufspielenden kapellen). einzig eine aussage zum wunderschönen coveralbum der bezaubernden scarlett johansson irritiert, ja verwirrt mich gar.

v) videoinstellation, die. von phil küng und phil peter. gespräch aus dem publikum:

«aso ech verschtoh ned, weroms do so vell beldscherme het ond das beld emmer wächsled.» «das esch dänk konscht, aber vo dem verschtosch du nüt.» «aha.» «holsch mer no es bier?» «jo, esch guet.»

w) wiss, albisser, bucher &. berührend. stimmlich sackstark. ihre version von «clap hands» hat etwas hypnotisch-bedrohliches. georgia lee ist unglaublich erschütternd. bei dem niveau und dieser gefühlstiefe stört auch die annähernde perfektion nicht.

x) xxx. wird als abkürzung für «kiss kiss kiss» im englischen oder zur kennzeichnung von sexuellen und pornografischen inhalten (x-rating) genutzt. «x» (kuss) oder «xx» (küsse) sowie ähnliche buchstabenfolgen werden entsprechend auch als informeller gruss unter nahestehenden personen beispielsweise in kurznachrichten verwendet.

y) YMCA. hitsingle der village people aus den späten 70-er jahren. wird erwartungsgemäss nicht gespielt.

z) zeit, die. dehnbarer, diffuser begriff. das konzert beginnt um 21 uhr. nach einer halben stunde schaue ich erneut auf die uhr. es ist 21.10.