Hi High Alice

Südpol, 06.06.2015: Die Luzerner Nicht-bloss-Rap-Crew Moskito feierte im Südpol-Club ihr neuestes Geschöpf «Maxilla». Ich war dabei und habe im Filmmodus Bilder geschossen. Absichtlich!

Ich hatte schon etwas Angst, an dieses Konzert zu gehen. Moskito sagen ja selbst, eine sinnvolle Konsumation ihrer Musik könne nur über lange Zeit geschehen, man müsse daran arbeiten. Und es ist auch nicht grad uninteressant, was sie zu erzählen haben. Bei einem Konzert gibt es aber keinen Repeatknopf und die Akustik ist gemessen an der Fein- und Vielgliedrigkeit eines Moskitos scheisse. Ich konnte mir schlicht nicht vorstellen, wie Maxilla live nicht schlechter sein könnte. Und deshalb hoffte ich auf Schönheiten, die in einem CD-Cover nicht Platz haben. Das heisst: ich war gespannt, ob und in welcher Form sie da sein werden. Als ich eine Stunde nach Ansage ankam, bespielte Nuitunit noch eine leere Tanzfläche im Club. Merchandise-Tischchen einsatzbereit, ein paar Herumlungernde um Bar und Mischpult, beim Eingang wird geflirtet. Ein Sturm war gerade über die Schweiz gezogen, da überlegt man sich zweimal, aus dem Haus zu gehen. Die Zeit verstreicht, bis Host Pablo den Abend eröffnet mit einem zärtlichen «Röschtigrabe, Hueresohn!» für alle.

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I. Makala & Pink Flamingo

Der Zweimann-Act aus Genf war mir bisher kein Begriff. Nach dem Auftritt bedeutet er, dass sich der Abend auch ohne Moskito gelohnt hätte. MC Makala in pragmatischen Hawaii-Badehosen spricht Französisch mit etwas eingespicktem Englisch. Die meisten verstehen ihn gut, ohne zu wissen, was er sagt, denn die Kommunikation scheint zu klappen. Beim Live-Rap verstehe ich oft den Text kaum, mit dem Französisch ist er für mich nun ganz auf seine Materialität reduziert, was dem Mitfeiern aber keinen Schaden tut, im Gegenteil. Die Beats des Produzenten Pink Flamingo schlagen dumpf und rau auf die Körper, Makala performt jeden Track als Höhepunkt seines Auftritts und doch in seiner Eigenheit, die Crowd ist bereit für Moskito.

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II. Moskito

Befürchtetes und Erhofftes treffen ein. Die graziöse Vielstimmigkeit zwischen Luzi und Little Miss Sunshine verliert hier im Getümmel ihren Glanz, statt Audio-Harmonie auf Platte versuchen ihre beiden Körper nun herauszufinden, wie sie auf der Bühne am besten nebeneinander stehen und gehen sollen. Flews Beats, die in den Muschelkopfhörern facettenreich erzählende Landschaften entfalten, verfallen zu einem ruppigen Teppich. Dafür ist da im Hintergrund ein langhaariger Hüne, barfuss, galant in Weiss gekleidet. Zurückhaltend und doch ganz dabei fungiert Mike als Backup-MC. Das ist eine Figur, die das Moskito-Universum auf der Bühne liebevoll ergänzt, während sie beim Albumhören noch gar nicht existiert hat. Und dann sind da noch die Visuals von Herrn S. Zeder, nicht ein beliebiges Mischmasch von Bildeffekten und -elementen, sondern, wie es scheint, für jeden Track überlegt handverlesen, und somit ein Bühnenbild, das miterzählt.

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Nach dem Plattentauf-Konzert, das ohne rituellen Taufakt auskam (und wenn nicht, waren meine Sinne zu getrübt, um es mitzubekommen), hätte ich gerne noch bis in die Stunden Luk LeChucks Bässen gehuldigt. Doch mein samstägliches Grümpelturnier unter der gleissenden Sonne und der Traubensaft in meinen Gliedern zogen mich nach Hause. Auf dem Vorplatz treffe ich auf den Gestalter des «Maxilla»-Covers, Alan Romano und den Rapper LCone (beide Bild unten). Ich frage ihn: «Auf dem neuen Moskito-Album gibt es keinen einzigen Feature-Track. Findet Luzi euch alle whack?» LCone antwortet: «Nein, er ist einfach der einzige, der über solche Beats rappen kann.» Gutes Schlusswort, gute Nacht.

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