Henrik Belden sagt vorübergehend Tschüss

2500 verkaufte CDs, 35 Konzerte und ein gewonnener Kick-Ass-Award (siehe auch hier): Der gestrige Auftritt von Henrik Belden und Band in der Schüür war der würdige Abschluss der ersten Dekade des Luzerner Singer/Songwriters. Das zweite Kapitel folgt alsbald mit Beginn der Aufnahmen fürs zweite Album.

Nach etwas mehr als einer Stunde und einer kurzen Zugabe stand Henrik Belden sichtlich gerührt auf der Schüür-Bühne, bedankte sich überschwänglich nach allen Seiten, und das Publikum quittierte das mit einem ehrlich gemeinten, langen Applaus. Es war das letzte Konzert für eine ganze Weile – nächstens verzieht sich Henrik Belden ins Studio um den Nachfolger von «On The Way To My Guiding Lights» einzuspielen. Er hatte den gestrigen Rahmen glücklicherweise nicht überstrapaziert, was für manch anderen wohl nahe liegend gewesen wäre. Er zog den Auftritt nicht in Überlänge, verzichtete auf Schnickschnack und machte das, was er am besten kann: Er spielte sich in die Herzen des grosszügig erschienen Publikums. Mit der gnadenlos entwaffnenden Beld'schen Ehrlichkeit. Es war ein guter Auftritt: Die Band – durch die Dutzenden Konzerte zu einer Einheit gewachsen – agierte souverän und sympathisch, die Stimme Beldens hat dazu gewonnen und das Set bot Abwechslung, gespickt durch einige Soloauftritte. Grösstenteils war der Sound sehr dicht und das Zusammenspiel passte genau – grossen Anteil daran hatte sicherlich auch die stimmliche Unterstützung durch Nicole Kammermann.

Dass Henrik Belden auf Schnickschnack verzichtete, heisst nicht, dass er sich nichts hat einfallen lassen. Zwei Gäste interpretierten je einen Heni-Song. Count Gabba («The Children Will Have Their Say») und Tobi Gmür («Confidence Will Kill You») taten das auf ihre Weise überzeugend – Gabba sehr amerikanisch-folkig, Gmür... nun ja, Mothers-pridig halt: gradlinig und sympathisch. Wenn ich mein Kritiker-Über-Ich konsultiere, gab's auch gestern durchaus Schwachstellen: Songs wie «Sing» wirkten überstrapaziert und zu verkitscht. Und mehr Mut und Abwechslung im Arrangement täten dann und wann gut – wieso in der Interpretation mal nicht mehr von der CD-Version abweichen? Und der Keyboard-Sound wirkte durchs Band zu klinisch. Und nun aber zum Highlight schlechthin: Der neue Song «Second Wing To Fly» gehört sicherlich zum Besten, was Belden je geboten hat. Laut Henrik ein Kandidat für eine neue Single – ein mehr als gutes Omen fürs neue Album also. Ach, bevor ich's vergesse: Henrik Belden war ja nicht der einzige Auftritt gestern. Vor ihm spielte ein durchaus sympathischer junger Engländer namens Mike Dignam. Sympathisch, aber leider total belanglos. In zurechtgeschleckter Guten-Morgen-Frisur versuchte er das noch spärlich vorhandene Publikum unterstützt durch Gitarre zum Mitsingen zu animieren. Es blieb nicht viel mehr als ein Jack-Johnson-Verschnitt. Mitgesungen und mitgeschwelgt wurde dann erst bei Henrik Belden – und das ohne Aufforderung.