Heimspiel mit Nestwärme

Christy Doran’s New Bag gefallen mit geradlinigen Songs, die trotzdem noch ein bisschen wildern können. Ihr Konzert im La Fourmi war gut und sympathisch. Ein Heimspiel, das viel Publikum erfreute.

Der Gitarrist katapultiert sich mit elektrischen Kringeln in ein solistisches Hitzefeld. Das ist Christy Doran. Der Schlagzeuger generiert stoisch und präzis einen vertrackten Beat. Das ist Domink Burkhalter. Der Minimoog lässt ungeniert seine synthetischen Klackser fahren. Das ist Vincent Membrez. Der Keyboarder glitzert durch fein gesponnene Gewebe. Das ist Hans Peter Pfammatter. Der Sänger hat eine Stimme, die sich instantmässig verwandeln kann. Das ist Bruno Amstad. Zusammen sind sie Christy Doran’s New Bag. Die Band die sich nach über zehn Jahren frischem Rock-Jazz-Geist kurz vor der Auflösung nochmals aufgerafft und eine neue Kurve genommen hat. Neu an New Bag ist Vincent Membrez am Minimoog, ist die neue CD «Take the Floor and Lift the Roof» und ist der frisch aufgebügelte Sound, der mehr rockt, stärker auf knallige, aber heimlifeisse Rhythmen setzt, viele melodiöse Momente zulässt, manchmal fast eingängig wird und auch vor seiner Kitsch-Ballade nicht verschont wird. Im La Fourmi haben New Bag am Donnerstag ein würdiges Heimspiel vor einer ebensolchen Zuschauerkulisse absolviert. Endlich mal wieder viel Volk von jung bis alt an einem Konzert. Ein Konzert notabene, das nicht einfach den letzten Hype serviert hat, sondern eine Band mit Musikern auf die Bühne brachte, die sich durch Konstanz und Können auszeichnen. Wir haben selten so viele Schlagzeuger in einem Publikum gesehen: Von den Grufties, Halb-Vergessenen und Amateuren bis zu den Jungprofis und Altcracks, sie kamen alle. Waren das alles Burkhalter Fans, oder trieb sie einfach die Neugier, einen alten Fünfer neu rocken zu hören? Überhaupt traf im Fourmi ein, was man an fast sämtlichen Konzerten quer durch die Lokale im Jazz-Graubereich in der Regel vermisst: Dass sich auch Musikstudierende wieder einmal blicken lassen und sich anhören, was verdammt nochmals eine erfahrene Band zustande bringt, wenn sie sich wieder und wieder einen Schub gibt. Vom Punch und von der Spannung her, hat uns das Konzert am Jazz Festival Willisau fast noch besser gefallen. Auch spielte Doran seine Gitarre dort eine Spur wärmer und rock-psychedelischer, während er im La Fourmi in seinen Linien und Kontrapunkten stärker das Splittrige und Strukturierte auslebte, wenn auch gewohnt dosiert und souverän. Im Fourmi war auch der Sound besser und transparenter und konnte darin Pfamatter als Keyboarder (wieder) markant in Erscheinung getreten. Sein queres Solo, dass wie aus dem Nichts aus dem pumpenden Gewaber auftauchte, setzte den Auftakt für eine erneute Steigerung der Erregungskurve, nachdem die Band eine zeitlang energetisch etwas abgesackt war. Zu den neuen New Bag gehört mit Bruno Amstad auch ein Sänger, der noch nie so integriert in einer Band gewirkt hat wie jetzt, als Texter und Rocksänger. Amstad setzt aber auch seine Spezialitäten ein, die er solo auslebt. Er kann im Nu die Stimmrollen wechseln, hektisch rappen, romantisch schwelgen, an der Grenze des Atonalen croonen, mit Megaphon und andern Toys fremde Welten beschwören und selbst seine Oberton-Verzückungen einbringen. Ob die neue Kurve, die New Bag jetzt genommen hat, sie weiter bringt,.ist noch nicht schlüssig zu beantworten. Sicher ist, dass mit dem Willisau-Punch und der Fourmi-Transparenz die richtige Mischung da ist, die verstärkte Ausrichtung auf Song, Drive, Club-Puls und Improvisation profund ineinander schmelzen zu lassen. Für den Auftakt dieses Musikabends sorgte Mister Fourmi Dàire O' Dùnlaing himself, der mit seiner Band The Beertles im Wesentlichen das Hard-Rock-melodische Erbe der Siebziger Jahre von Thin Lizzy bis Iron Maiden neu ausleuchtete. Dies auch ganz wörtlich. Dàire schwang einen Elektrobass, dessen Bund mit lauter Lämpchen bestückt war, die grün leuchteten. Das gefiel sicher auch Louis Green Schelbert, der als Nationalratskandidat im Publikum gesichtet wurde.