Haferbrei und Alex Frei

Schüür, 21.2.2015: Gäste aus Bern beehrten die halbvolle Schüür mit gekonntem Rumpel-Rock. Anders ausgedrückt: Mit den Kummerbuben gab eine überaus gute Band ein ebensolches Konzert. Mundartmusik at its best.

(Bilder: Tabea Hüberli/SRF, Siegfried Kuhn)

Sie können schon aus einem schönen Liederschatz schöpfen. Immerhin vier Alben gibt’s von den Kummerbuben seit 2007. Am Anfang war das angenehme Aufpimpen schweizerischen Volksliedergutes, bis sie zu Eigenem fanden. The Ghost of Tom Waits weht da mit, es geht in Richtung Folk-Rock, mit wehmütigen Weisen, Rumpeligem, Schunkeligem, Hymnischem, Up-Tempo-mässig Treibendem. Längst haben sie zu einem originären Ton gefunden. Das pressfrische jüngste Album «Dicki Meitschi» spielen sie am Samstag fast komplett, wobei die sechs den Titelsong bis zuletzt aufsparen, bevor es noch vier Zugaben gibt. Am Ende sind 18 Nummern dargebracht, ein Mix aus allen Schaffensphasen, als da wären «Liebi und anderi Verbräche» (2007), «Schattehang» (2009), «Weidwund» (2012) und eben «Dicki Meitschi», wie die Alben heissen.

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Kummerbuben-Musik, das ist abwechslungsreiches Musizieren mit interessanter Instrumentierung: Gitarren, Saxofone, Klarinette, Banjo, Mandoline, Kontrabass, E-Bass, Glockenspiel. Es wird gepfiffen (im Konzert-Opener «Fründe», schon mal dreistimmig gesungen (in der Hymne auf das alte Bern «Schlachthof Nord» im ¾), geklatscht, ausgiebig getrommelt (wenn sich Sänger Simon Jäggi für «Absinth» die grosse Basstrommel umhängt). «Dicki Meitschi» ist übrigens, so hört man es im Song, ein Lied für jene, «wo im Läbe ungerdüre müesse». Die Kummerbuben haben übrigens den 30 Jahre zurückliegenden Fall von Kehrsatz BE gelöst, geht es nach dem Titel «Radmueterschlüssu». Das heisst er allein weiss die Wahrheit: Wer hat damals wirklich gemordet, was hat es mit der Leiche in der Tiefkühltruhe auf sich? «Alex Frei», im Konzert ganz zum Schluss gegeben mit einem neckischen «Marco Streller» in der Coda, handelt laut Ankündigung von einem richtigen Liebling. Der Ex-Tschütteler mit unrühmlicher Luzerner Vergangenheit ist aber nicht eigentlich Thema, sondern nur ein Reimwort auf «Haferbrei» (der Name des einzigen Cousins des einsamen Erzählenden). Es sind kurlige Geschichten, abgründige und leicht verschrobene. Musikalisch werden sie von einer der gegenwärtig spannendsten Schweizer Mundartbands vorgebracht, die notabene gerade auch live zu den interessantesten gehört. Gehört haben das anscheinend leider noch zu wenige, wenigstens in Luzern, wo die Schüür per Vorhang halbiert ist und so immerhin im vorderen Teil ein zum Teil bewegungsaktives, mitgehendes Publikum die gute Sache sichtlich geniesst. Aber eben: Wo waren all die anderen?

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Die anderen Kummerbuben sind auch zu sechst und gegenwärtig in restaurierter HD-Qualität im Schweizer Farbfernsehen zu begutachten. Es handelt sich um die Serie von Regisseur Franz Schnyder aus dem Jahr 1968, damals ein veritabler TV-Hit. Zurzeit immer wieder donnerstags im Programm.