Grooven im 17/8-Takt

Stanserhorn, 27.4.2014: Draussen hatte es Schnee, drinnen wärmende Ägypten-Musik mit Oud und Riqq: Zum Auftakt der Stanser Musiktage gastierte gestern auf dem Stanserhorn das Tarek Abdallah Duo.

Da staunt der Städter: Es hat am Sonntag Schnee auf 1898 Metern über Meer. Das Konzert in luftiger Höhe hat bei den Stanser Musiktagen ja schon Tradition. Ausser aufs Stanserhorn (ins «Rondorama») wie gestern Sonntag gehts infolge 20. Geburtstag am kommenden Sonntag auch wieder den Berg hinan, dann nach Niederrickenbach. Ein Fall von Eventkultur: Mit Bähnli (sogar 2) rauffahren/-gondeln sowie wieder zurück, Selbstbedienungsverpflegungsmöglichkeit, Konzert. Aussicht gibts witterungsbedingt keine, es ist alles schwer verhangen von nebligem Weiss. Wer aus Paris nach Stans gekommen war: Tarek Abdallah an der Oud und Adel Shams el Din am Riqq. Der Namensgeber des Duos ist wie sein kongenialer Partner vor vielen Jahren von Ägypten, genauer Alexandria, nach Frankreich ausgewandert. Was beide hochhalten, ist die traditionelle ägyptische Musik, wie sie bis zu den 1940er-Jahren praktiziert wurde. Mit Kompositionen von einst sowie neuen eigenen Stücken ist das Programm bestückt; es sind zwei Suiten, die an die Tradition anknüpfen, an das Vergangene erinnern und es gleichsam fürs heute aufbewahren und lebendig erhalten. Eine Komposition von Tarek Abdallah ist ganz neu, so neu, dass sie noch keinen Titel hat. Typisch für das Oud-Spiel ist das «Schleifen», das «Bending», wie man es bei westlichen Saiteninstrumenten benennen würde. Die Oud hat man in Stans schon wiederholt hören können, etwa von Rabih Abou-Khalil vor zwei Jahren. Äusserliche Auffälligkeit des Instruments ist der um 90 Grad geknickte Wirbelkasten. Die beiden bieten formidable Kunst in musikalischen Zwiegesprächen. Abdallah brilliert bisweilen mit Schwindel erregenden Läufen, el Dins perkussive Beiträge am Riqq (das arabische Schellentamburin) scheinen, so wie er sie mit einzelnen Fingern spielt, auf den ersten Blick schlicht. Sind aber raffiniert, wenn, wie sie verraten, schon mal mit dem äusserst seltenen Metrum eines 17/8 – «selbst viele orientalische Musiker kennen diesen Takt nicht» – daherkommt. Ein ganz anderer Groove, als es sich unsere westlichen Ohren gewohnt sind. Zwischenhinein gibt’s gar ein kleines Solo, bei dem el Din gleich verschiedene Schlagtechniken demonstriert und auch die Schellen, die am Anfang einfach leicht mitschwingen, zum bewussen Erklingen bringt. Der Vortrag von Abdallah und el Din ist angemessen verhalten, kann aber berücken durch ungemein dynamisches Spiel, etwa bei Tempo-Wechseln. Zum Instrumentalspiel der beiden gesellen sich zwischendurch Lieder. Das zweite von drei widmet Tarek Abdallah, der seine Ansagen auf Französisch und Englisch macht, seinem Cousin. Er ist im Saal. Und es sei das erste Abdallah-Konzert seit neun Jahren, das er besucht. 20. Stanser Musiktage, bis So, 4. Mai